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Ken Hensley,, 2017

© imago/localpic

Zum Tod von Ken Hensley: Der Mann in Schwarz

Mit "Lady in Black" schuf er eine Jahrhundertballade: Ken Hensley, Keyboarder von Uriah Heep, ist gestorben. Er wurde 75 Jahre alt.

Ein Drama in vier Minuten und vierzig Sekunden, ein Jahrhundertsong. Wer in den siebziger oder achtziger Jahren aufgewachsen ist, hat ihn noch im Ohr. Das kummervoll schleppende Schlagzeug, den barmenden Gesang, die wütend aufbrausende E-Gitarre und dann die etwas klebrigen, hymnisch aufsteigenden Kunststreicher aus dem Keyboard. „Lady in Black“ von Uriah Heep gehört zu den großen Balladen der Rockgeschichte. Ähnlich wie „Nights in White Satin“ von The Moody Blues oder „Love Hurts“ von Nazareth durfte sie seinerzeit nicht fehlen, wenn im Partykeller eng getanzt werden sollte.

Liebeslied aus der Apokalypse

„Lady in Black“, ein pazifistisches Liebeslied, erzählt von einer mysteriösen, schwarz gekleideten Frau, deren Haar im Winterwind weht, während sie über ein apokalyptisch zerstörtes Schlachtfeld läuft. Ein Friedensengel, eine Furie aus einem Fantasy-Szenarium? Geschrieben hat den Song der Uriah-Keep-Keyboarder Ken Hensley, und weil der Sänger David Byron ihn „banal“ fand, auch gesungen. Er wurde 1971 auf „Salisbury“ veröffentlicht, dem zweiten Studioalbum der Band, und eroberte als Single den fünften Platz der deutschen Charts.

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„Lady in Black“, inspiriert von einer Frau, die Hensley in München getroffen hatte, ist der größte Hit der Band. Mit seinem verrätselten Text voller dunkler Metaphern stieg er zum Unterrichtsstoff an britischen Schulen auf. „Es ist für mich überwältigend, dass so ein simpler Song auch außerhalb des musikalischen Umfelds seinen Platz findet“, sagte Hensley in einem Interview. „Das macht mich sehr glücklich und dankbar.“

Benannt nach Dickens

Ken Hensley, der 1945 in London zur Welt kam, hatte seine Karriere als Gitarrist begonnen. Als er mit dem späteren Rolling-Stones-Gitarristen Mick Taylor die Bluesband The Gods gründete, wechselte er an die Hammondorgel. 1969 holte ihn David Byron in seine Band, die er nach dem servilen Kanzleischreiber aus Charles Dickens Bildungsroman „David Copperfield“ benannt hatte: Uriah Heep.

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Ein passender Name für die Gruppe, die genussvoll mit englischen Traditionen und den Kinoklischees viktorianischen Schreckens spielte. Das Cover des Debütalbums „…Very ´Eavy … Very ´Umble“ zeigt das in Spinnweben gefangene Gesicht eines schreienden Mannes, der einem Dracula-Film der Hammer-Studios entsprungen sein könnte.

Langer Weg in den Hardrock

Bevor sie wirklich „very heavy“ wurden, orientierten sich Uriah Heep am Folk- und Progrock, wie er kurz zuvor in der Canterbury Scene von Bands wie Soft Machine, Caravan und Egg geprägt worden war. Auf den ersten beiden Alben der Gruppe erklingen noch Hirtenflöten, herrliche, mit viel Hall unterlegte mehrstimmige Gesänge und jazzig orgelnde Keyboardkaskaden. Mit der dritten Langspielplatte „Look At Yourself“, auf der die Songs schneller und lauter wurden, begannen Uriah Heep, sich mit den Hardrock-Pionieren von Deep Purple und Black Sabbath zu messen.  

Selbstreflektion zum Mitmachen

Der Aufruf zur Selbstreflektion des Titels war ernst gemeint. Von der Plattenhülle blicken zwei Augen, dazwischen ist eine Silberfolie aufgeprägt, in der sich der Betrachter verzerrt spiegelt.

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Mit der stampfenden, ebenfalls von Hensley komponierten Hymne „Easy Livin‘“ schaffte die Band es in die amerikanische Hitparade. Die Band, die bis heute in wechselnden Besetzungen weitergemacht hat, verkaufte 40 Millionen Tonträger.

Neuanfang in den USA

Ken Hensley verließ Uriah Heep 1980, zog in die USA, arbeitete an Musicals und brachte einige nur mäßig erfolgreiche Soloplatten heraus. Nach zwanzig Jahren kehrte er nach Europa zurück, zuletzt lebte er zurückgezogen in Spanien in der Nähe von Alicante. 2007 gelang ihm mit dem Konzeptalbum „Blood on the Highway“ und einer gleichnamigen Autobiografie ein Comeback. „Die Siebziger waren etwas Besonderes“, sagte er damals. „Jeder von uns, der es zu Erfolgen gebracht hat, hat das auf seine eigene, einzigartige Weise gemacht. Wir hatten keine Vorgaben, wie man erfolgreich, reich oder berühmt wird. Wir mussten es selber herausfinden“.

Ohne Plan berühmt geworden

Am Mittwoch ist der Mann, der „Lady in Black“ geschrieben hat, gestorben. Ken Hensley wurde 75 Jahre alt. Der Rock’n’Roll trägt schwarz

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