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Kultur: Zurück in der Zukunft

Schwarzer Himmel, funkelnde Sterne, Orchesterfanfaren.Dann die Schrift: Am unteren Bildrand taucht sie auf und verschwindet langsam in den Weiten des Weltraums.

Schwarzer Himmel, funkelnde Sterne, Orchesterfanfaren.Dann die Schrift: Am unteren Bildrand taucht sie auf und verschwindet langsam in den Weiten des Weltraums."Es war einmal vor langer, langer Zeit in einer weit entfernten Galaxis.Aufruhr in der Galaktischen Republik.Es gibt Streit über die Steuern auf den Handelsrouten zu den äußeren Sternensystemen.Das geldgierige Handelsbündnis hat deshalb todbringende Kampfschiffe zu einer Blockade befohlen und damit alle Raumfahrt zu dem kleinen Planeten Naboo gestoppt." Doch schon eilen zur Verteidigung des Planeten die edlen Jedi-Ritter heran, angeführt von Lehrmeister Qui-Gon Jinn (Liam Neeson) - und ein Junge namens Anakin Skywalker, dargestellt von Kinderstar Jake Lloyd, wird auch bald zu den Trägern des Laserschwerts gehören.Anakin Skywalker? Einer Fangemeinde galaktischen Ausmaßes ist er unter seinem späteren Namen Darth Vader bekannt, dem Bösewicht in der erfolgreichsten Weltraumoper aller Zeiten, "Star Wars".

Das ist der Kino-Trailer für die langerwarteten Vorgeschichte der "Star-Wars"-Trilogie: "The Phantom Menace" (deutsch etwa: Die gespenstische Bedrohung) heißt der Film, der derzeit im kalifornischen Filmstudio von George Lucas fertiggestellt wird.Mit von der Partie sind auch Ewan McGregor ("Trainspotting"), er spielt den Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi als jungen Mann, und Natalie Portman (das kleine Mädchen aus "Leon - der Profi"): Sie ist Queen Amidala, kindliche Regentin des Wüstenplaneten Tatooine - und spätere Mutter von Luke Skywalker und Prinzessin Leia.Weitere Bewohner der Stadt Mos Espa sind seltsame computergenerierte Wesen, darunter Jar Jar, ein Gungar, der aussieht wie eine mannshohe Echse im Tropenanzug - und einige Bekannte: Yoda, der sprechende Gummizwerg mit den spitzen Ohren, die putzigen Droiden R2-D2 und C-3PO, der Fleischberg Jabba the Hut und der fiese Imperator Palpatine, hier noch auf einer früheren Karrierestufe als Senator tätig.

Der Film kommt zwar erst im Mai in die US-Kinos und, unter dem Titel "Episode I", im September nach Deutschland - aber ein erster Trailer lief schon Ende 1998, ein zweiter kam in diesen Tagen in die US-Kinos (der erste ist seit einigen Wochen auch im deutschen Kino zu sehen).Das ist außergewöhnlich früh.Und heizt die Erwartung an.Es gibt Fans, die nur zum Trailer-Gucken die Multiplexe stürmen: Sie kaufen sich eine Karte für einen beliebigen Film und ziehen nach der "Star-Wars"-Vorschau in den nächstbesten Saal zum nächsten Werbeblock weiter.Auch das Merchandising hat längst eingesetzt.Die ersten neuen Weltraummonster sind in Spielzeuggeschäften gelandet.Im Internet kursieren Standbilder vom Dreh, Porträts der Schauspieler, ganze Handlungsfäden - von denen keiner weiß, wieviel davon stimmt - und der virtuelle "Mos Espa Marketplace" bietet Bücher, Spielzeug und CDs an.Im März kommt das erste Poster auf den Markt.Es zeigt Anakin Skywalker, mit dem Schatten von Darth Vader.

"Star Wars" ist ein Phänomen - Mythologie und Märchen, Entwicklungsroman und Komödie zugleich, voll mit Anspielungen auf "Tarzan", den "Malteser Falken" oder "Metropolis"."Star Wars" entstand im Geist von New Age und Flower-Power (der erste Teil kam 1977 ins Kino) und beschwört das Spirituelle, das in einer geheimnisvolle Macht manifestiert ist, die dem hilft, der sich selbst erkennt.Auf einer anderen Ebene ist es die archaische Erzählung vom Waisenjungen, der in eine Welt voller Abenteuer hinauszieht, gegen das eigene unzulängliche Ich kämpft, die Prinzessin und ihr Königreich rettet und zum Schluß seinen vom Glauben abgefallenen Vater besiegt und ihm sogar verzeiht, daß er zum Establishment gehört.Denn "Star Wars" ist vor allem eines: aufrührerisch.Die Rebellen, unterstützt von steinewerfenden Dschungelwesen, besiegen das waffenstarrende Imperium, dessen Generäle Gestapo-Uniformen tragen.Wenn in der amerikanischen Rüstungsrealität mal wieder ein "Star-Wars"-Programm aufgelegt wird, sollte man daran denken, daß dies die Ausrüstung ist, die im Film von den Rebellen in Grund und Boden gebombt wird.

Mindestens so faszinierend an "Star Wars" ist, wieviel daran verdient wird.Allein die nachträglich digitalisierte Trilogie, die 1997 nochmals auf den Kinomarkt kam, spielte 475 Millionen Dollar ein, bei 15 Millionen Dollar Kosten.Die Einnahmen durch Lizenzprodukte, die seit 1977 nie aus den Geschäften verschwunden sind, sind unschätzbar.Deshalb geht Lucas auch massiv gegen unautorisierte Verkäufe vor.

Die bekannte Trilogie war von Anfang an als Folge IV bis VI konzipiert.Lucas hat diese ganzen 20 Jahre dazu gebraucht, die Vorgeschichte zur Galaktischen Rebellion zu drehen - die technischen Möglichkeiten der achtziger Jahre hätten ihm nicht genügt, sagt er."The Phantom Menace" trägt nun folgerichtig den Untertitel "Star Wars I"."Star Wars II" soll 2002, "Star Wars III" 2005 ins Kino kommen.Darin wird die Verwandlung von Anakin Skywalker in den schwarzgepanzerten Darth Vader ("Hüte Dich vor der dunklen Seite der Macht") erzählt.Der Erlös der neuen Trilogie wird wohl den Rekord von "Titanic" versenken.Lucas selbst dürfte finanziell in der Galaxis von Bill Gates ankommen.Auf eine Fortsetzung der Space-Saga - ursprünglich geplant waren "Star Wars" VII bis IX - aber will der 54jährige Lucas verzichten.

Neben dem Wüstenplanet Tatooine kommen zwei weitere Welten vor: Naboo, sowie - erstmals - Coruscant, der dichtbevölkerte Heimatplanet des damals noch nicht in die Klauen des Bösen gefallenen Imperiums (Lucas hatte, als er in den siebziger Jahren begann, nicht genug Geld, um Massenszenen auf dichtbesiedelten Planeten darzustellen).Mußten sich früher Schauspieler in bepelzte Kostüme zwängen und Blechknöpfe drücken - die Millennium Falcon war technisch nicht viel fortgeschrittener als das bügeleiserne Raumschiff Orion - so besetzt Lucas heute ganze Rollen mit digitalen Wesen.Auch die Raumschiffe gleichen nicht mehr bemalten Eierkartons.Aber werden wir, in der schönen neuen Digital-Welt, noch ein Weltraum-Märchen im rebellischen Geist der siebziger Jahre sehen? Und selbst wenn, wird es in den zynischen Neunzigern noch auf gleiche Weise faszinieren?

EVA SCHWEITZER

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