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Kultur: ZURÜCK - ROCK

"Burn it down!" war Leonard Bernsteins Kommentar zum Konzertsaal am Münchener Gasteig.

"Burn it down!" war Leonard Bernsteins Kommentar zum Konzertsaal am Münchener Gasteig. Er hat die Arena nicht gekannt. Daß die Treptower Fabrikhalle eine der gräßlichsten Spielstätten ist, zeigte sich erneut am Mittwochabend. Um halb zehn tobten dort Dschungelgebrummel, blaues Licht, rhythmisches Klatschen über den Köpfen, großer Jubel: und da ist Alanis Morissette im knallroten Kleid. Singt sie etwas - was singt sie? Was spielt die Band dazu? Schwer zu hören, schwer zu sagen. Schlammig stürmische Klangwellen wogen durch die riesige Halle mit dem harten Betonboden, brechen sich an kahlen Backsteinwänden, spülen zurück, schwappen gegen die riesigen Stahlträger unter der Decke. Es ist ein Kampf, den Kopf oben zu behalten, über dem Klangbrei, während sich computergesteuerte Spiegel munter drehen, kleine Funzeln reflektieren, große Lampen flackern. Über den Akteuren ein Zeltdach aus Licht. Sieht schön aus. Auch die junge Kanadierin, wie sie munter singend selbstbewußt die Bühne abspaziert, die lange Mähne nachwehen läßt: nach rechts bis an den Rand, rückwärts zurück bis zur Mitte, umdrehen, wieder vorwärts nach rechts, und zurück zur Mitte. Alanis spielt auch Gitarre. Und sie spielt Mundharmonika: vorwärts, während sie rückwärts läuft. Sieht gut aus und hört sich schrecklich an. Dafür kann die Sängerin nichts, auch die Band nicht, und nicht die Tontechniker, die sich alle Mühe geben. Mit etwas Wohlwollen läßt das geübte Ohr hinter all dem dumpf verzerrten Gedröhne eine Sängerin ahnen, die im Konzert noch besser ist als auf Platte, begleitet von einer hervorragenden Band - erahnen, nicht wirklich hören. So ist es in der Arena. "Burn it down", oder macht das Ding zum Techno-Tempel.

H.P. DANIELS

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