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Marco Müller zeigt, wie man Fisch korrekt filetiert.

© Mike Wolff

Kochserie Mai: Operation am offenen Fisch

Lauschen und lernen: Marco Müller zeigte Lesern, was Filetieren und schonend Garen heißt.

Von Susanne Leimstoll

Berlin - Überall stehen Fisch filetierende Menschen: an beiden Seiten der Küche, sogar draußen am Restaurant-Tresen. Jeder einen Fünf-Kilo-Zander auf dem Brett und ein höllisch scharfes Messer in der Hand. Eben standen sie noch um Sternekoch Marco Müller herum. Der demonstrierte, wie Filetieren funktioniert, nachdem der dicke Fisch 24 Stunden gewässert ist, um die Bitter- und Blutstoffe rauszuholen. Als Müller, präzise wie ein Chirurg, den Cut entlang der Mittelgräte setzt, mit leichtem Druck auf der Klinge, so dass er sie noch auf der anderen Fischhautseite an den gegen die Gräte gelegten Fingern spürt, und das zu entfernende Teil zuletzt im Reißverschlussverfahren herauszieht, sagen alle zehn Teilnehmer im Chor: „Sieht tooolll aus!“ Bloß, jetzt müssen sie es selber probieren. Und da darf man nicht feige sein.

In den beiden Workshops, die Küchenchef Marco Müller vom Restaurant Weinbar Rutz hält, ist für die Teilnehmer der Tagesspiegel-Kochakademie mal Learning by Doing angesagt, mal Lauschen, wenn der Meister ein bisschen Vorlesung hält. Da lernt der Hobbykoch ganz banal klingende, aber wertvolle Regeln: Je größer der Fisch, desto dicker die Gräten. Eine gute Grätenzange ist vorn spitz und schmal und geriffelt, kann also auch ein Teil aus dem Baumarkt sein. Das Eigenaroma von Gewürzen kann man durch Anrösten verändern. Die richtige Pfeffermühle muss nicht teuer sein, sondern gut in der Hand liegen und funktionieren. Auf der Haut gebratener Fisch muss mit irgendwas beschwert werden, so biegt er sich nicht durch und brät gleichmäßig. Erst wenn er fertig, also glasig, aber nicht mehr roh ist, kommen Salz und Pfeffer dran. Wann ist ein Braten durch? Wenn die Fleischgabel so leicht heraus wie hinein geht – ganz ohne Widerstand. Und: Man salzt am besten mit großem Abstand zum Produkt, Hand weit nach oben – weil sich die Körnchen dann besser verteilen. Eigentlich ja logisch.

Sie üben sich am Seesaibling und Müritz- Zander, erfahren, wie Maibock aus der Schorfheide zart wird und wie Filet und Schulter vom Rüganer Öhe-Rind ganz unterschiedlich zubereitet schmecken.

Saskia aus Tiergarten bekam den Kursus von ihrer Mutter geschenkt. Sie sägt sich tapfer durch den Zander, und wenn das Filetieren nicht gleich klappt, führt Souschef Christoph Hauser schon mal das Händchen. Schon beim dritten Filet ist alles leichter. Gabi, die für ihr Leben gerne Terrinen macht, werkelt an einer Front mit Heide, die sich als Kurs-Vorbereitung eigens noch den Film „Julie und Julia“ über die amerikanische Herd-Heroine Julie Powell auf Video angesehen hat. Immerhin ist sie schon so professionell, dass ihr Mann sagt, mittlerweile würde er sie sogar wegen ihrer Kochkünste heiraten. Andrea und Franco sind gleich als Paar gekommen.

Die Kochseminare bei Marco Müller sind ein sinnlicher Genuss – schon vor dem Essen. Angeröstete Gewürze probieren, am aus Kalbsröhrenknochen gemachten Soßenansatz schnuppern, sobald das Hartgemüse drin ist, an frischer Rinderschulter riechen. Die brät Müller in der Grillpfanne an, damit die Fleischporen sich schließen, und gart dann – leichtes Gewicht obenauf – in einem hohen Gefäß weiter, den Fleischbrocken mindestens drei Zentimeter von Fond bedeckt, 15 bis 16 Stunden bei niedriger Temperatur. „Klingt albern“, sagt er. Aber das Ergebnis ist butterzart und fürs anschließende Fünf-Gänge-Essen natürlich längst vorbereitet. Als die Essensbegleitung von Teilnehmerin Gisela anrückt, ihr Mann, ist also noch genügend Demonstrationsmasse da. Sie nimmt ihn an der Hand schleppt ihn in die Küche und sagt: „Komm, ich zeig’ dir mal die Steaks.“

Am Ende wird in aller Ruhe geschlemmt, während Top-Sommelier Billy Wagner zu jedem Gang den Wein vorstellt, dazu kleine Geschichten erzählt und erst mal zeigt, wie man einen solchen Tropfen richtig genießt: ordentlich schwenken, Nase ganz tief ins Glas, einen großen Schluck nehmen, kauen, schlucken. Jetzt schmeckt er.

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