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Der Dachgarten der "roofTUBgarden"-Initiative ist derzeit abgebaut. Die Gründerin sucht nach einem neuen Unterstützer.

© Michel Penke

Urban Gardening: Krach um Dachgarten auf der Technischen Universität Berlin

Ein Verein wollte einen Garten auf der TU betreiben und benachteiligten Kindern Gärtnern und Kochen beibringen. Doch nun hat die Uni das Projekt gestoppt. Die Kübel sind angeblich zu schwer.

Ackerbau in der Stadt? „Urban Farming“ nennt sich der Trend, der Natur und Landwirtschaft in die Stadt holen will. Tomaten aus dem Blumenkasten oder Salat vom Dachgarten: Während andernorts viele Dächer bereits ergrünen, wächst in Berlin noch nicht allzu viel.

Florence Klement will das ändern. Sie ist Vorsitzende des Berliner Vereins „Kulina“, der sozial benachteiligten Jugendlichen das Kochen beibringt. Um zu zeigen, dass Karotten nicht auf Bäumen wachsen, will sie die Jugendlichen aus ihren Kochkursen an einem Dachgarten beteiligen. Erst säen, jäten und ernten – dann kochen und essen.

Das Projekt ließ sich auch gut an. Mit der Technischen Universität einigte sich Klement über eine Dachfläche auf dem Hauptgebäude, wo sie Pflanzenkübel aufstellen will. Im Juni 2013 bekam sie von der TU grünes Licht. „roofTUBgarden“ taufte sie ihr Projekt und machte sich mit 15 Freiwilligen an die Arbeit. Eine Landschaftsarchitektin, ein Geoökologe, Betriebs- und Volkswirte, Wirtschaftsingenieure und Agrarökonomen entwickelten zusammen das Dachgartenkonzept. Leicht auf- und abbaubar sollte er sein, nicht zu schwer, um die Statik des Daches nicht zu gefährden.

Im Oktober wird der noch nicht ganz aufgebaute Dachgarten überraschend als „Ausgezeichneter Ort“ im „Land der Ideen“ geehrt. Die Initiative der Bundesregierung und der deutschen Industrie lobt den ganzheitlichen Ansatz. „Kulina“ und der „roofTUBgarden“ lieferten eine Antwort auf die Frage, wie die Herausforderungen der Städte und Regionen von morgen gelöst werden könnten.

Ein „Ausgezeichneter Ort“ im „Land der Ideen“

So schön die Theorie, so schwierig die Praxis: Die Gebäudeverwaltung der TU sieht die Statik des Daches gefährdet. Kurz vor der feierlichen Eröffnung des Dachgartens stoppt die Verwaltung das Vorzeigeprojekt. Zu unsicher die Traglast, zudem würden Fluchtwege fehlen.Die Universität wirft der Dachgarteninitiative vor, sich nicht an Absprachen zu halten. Die Dächer seien für mehr als normale Verkehrs- und Schneelasten nicht ausgelegt. Apfelsinenkisten seien abgesprochen worden, nun stünden große Fässer auf dem Dach.

Florence Klement nimmt Kontakt auf, wird aber von einem Mitarbeiter zum nächsten weitergereicht. Ein von der TU in Auftrag gegebenes Gutachten bezeichnet die Pflanzenkübel und Blumenkästen als unbedenklich, revidiert die Einschätzung einen Tag später aber: Das Wasser könne bei Regen nicht ablaufen. Man habe das zuerst vergessen.

Doch Klement gibt nicht auf, obwohl sie hochschwanger ist. Einen Tag vor der Geburt ihres Kindes steht sie noch auf dem Dach der TU und koordiniert die Aufbauarbeiten. „Es war so energiezehrend. Das Projekt ist wunderschön, doch die Zusammenarbeit mit der TU funktioniert gar nicht“, sagt Klement. Schließlich wird der Dachgarten doch eröffnet. Wenige Wochen später kommt das endgültige Aus für den Standort auf dem TU-Dach. Zu viele Obdachlose würden nun dort schlafen, Unbekannte hätten randaliert. Obwohl das Dach auch vor der Begrünung leicht zugänglich gewesen ist, soll der Garten als Grund herhalten. Die bereits bepflanzten Kübel müssen weg.

Nun sucht Florence Klement nach einem neuen Dach

Die TU will eine Ausweichfläche anbieten. Ebenerdig. Doch für Florence Klement gehört zu einem Dachgarten ein Dach. Lieber will sie sich von der Universität als Partner trennen, als mit den Töpfen und Blumenkästen auf den Boden zu ziehen. Deshalb sucht sie jetzt nach einem neuen Partner, einem neuen Dach. Konkretes gibt es noch nicht.

Michel Penke

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