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Alpendrama: Absturz einer Mutter

Im ZDF-Krimi „Tod am Engelstein“ spielt Stefanie Stappenbeck eine Tochter, die den mysteriösen Unfall ihrer Mutter aufklären will - und dabei auf ein Familiengeheimnis stößt.

Als die kleine Lara und ihre nur wenige Jahre ältere Schwester Sylvia im Dunkel rüber zum Stall laufen, das Tor öffnen und am Kaninchengehege verweilen, hören sie erst Geräusche und sehen plötzlich etwas, was sie nicht sehen sollen: ihre Mama beim Liebesspiel im Heu, jedoch nicht mit dem Papa. Das Bild brennt sich vor allem der etwas älteren Sylvia ins Gedächtnis ein.

Jahrzehnte später fährt Lara Brunn (Stefanie Stappenbeck), inzwischen beschäftigte Literaturagentin in München, raus aufs Land, in die bayerischen Alpen, wo ihre Mutter noch immer lebt. Allein. Dorthin, wo auch ihre ältere Schwester Sylvia Weidinger (Nina Kronjäger) weiterhin lebt, verheiratet mit Micha Weidinger (Roeland Wiesnekker). Ihre Mutter will ihren Geburtstag feiern. Als Lara eintrifft, ist die Mutter nicht da. Sie wartet im gemeinsamen Elternhaus, mit Sylvia. Alles scheint vorbereitet. Doch die Mutter kommt nicht. Sie beginnen, sie zu suchen. Am nächsten Tag muss dann ein Suchtrupp hoch in die Berge gehen, auf den Engelstein, wo die Mutter immer gerne war. Dort wird sie tot aufgefunden. Und dann wird eine zweite Leiche entdeckt, die eines Mannes, der dort offenbar schon sehr lange liegt. Wer ist dieser Mann? Und wie kam Laras und Sylvias Mutter in dieser Berglandschaft ums Leben? Irgendwann, da erinnert sich Sylvia wieder an das Bild, das sich ihr so sehr ins Gedächtnis eingebrannt hat, von ihrer Mutter und diesem Mann im Heuschober…

Vom weitreichenden Fluch der Vergangenheit erzählt „Tod am Engelstein“, Heimatfilm, Alpenkrimi und Psychothriller zugleich. Christiane Balthasar hat ihn nach einem Drehbuch von Daniel Douglas Wissmann für das ZDF inszeniert. Entstanden ist eine nicht ganz einfache Genre-Mélange, die dramaturgisch ein wenig hakt, in ihrer Handlung etwas überfrachtet ist und gegen Ende beim Finale in zugigen Höhen schließlich Volten schlägt. Jedoch vermag die Regie dies gut und über weite Strecken spannend ins Bild zu setzen.

Vor allem aber ist es den durch die Bank adäquat besetzten Schauspielern zu verdanken (Dietmar Mues in einer seiner letzten Rollen), dass der zuweilen etwas poröse Spannungsbogen bis zum Schluss trägt. Allen voran die wunderbare Schauspielerin Stefanie Stappenbeck, die ihrer Figur der Städterin Lara – erfolgreich im literarischen Job und halb erfolgreich im Exerzieren ihrer Affären mit stets verheirateten Männern –, die filigrane Brüchigkeit gibt, die es hier braucht.

Lara ahnt etwas, wovon sie zunächst einmal nichts weiß. Ihrer Intuition folgend ist sie im ganzen Dorf zudem die Einzige, die davon überzeugt ist, dass ihre Mutter, aus welchen Motiven auch immer, umgebracht wurde. Selbst ihre Schwester Sylvia glaubt an einen Unfall hoch oben am Engelstein. Doch dort oben, wo vor 30 Jahren ein Foto der strahlend glücklichen Mutter entstand, das jemand aufgenommen haben muss, der ihr sehr nahe stand, hat sie die Vergangenheit nun eingeholt. War der damalige Fotograf ihr Mörder? Oder war er der Mann, der hier schon so viele Jahre lang tot lag? Je mehr Laras Unwissenheit schichtweise abgetragen wird, desto tiefer blickt sie in menschliche Abgründe. Auch in die Abgründe und Geheimnisse ihrer eigenen Mutter.

So ist „Tod am Engelstein“ auch ein Film über das Schweigen von Eltern ihren Kindern gegenüber. Über die fatalen und langfristigen Folgen, die aus dem Aufrechterhalten von familiären Geheimnissen oder falschen Wahrheiten resultieren. Thilo Wydra

„Tod am Engelstein“, ZDF, 20 Uhr 15

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