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Medien: Auf der Suche nach El Dorado

In fast drei Dutzend Sendungen beschäftigt sich das ZDF im September mit den Tropen

Die Meteorologie kennt den Begriff Tropentag. Es muss über 30 Grad warm sein, dann gelten auch Gegenden weitab vom Äquator als tropisch. Wer sich jetzt nicht vorsieht, erkrankt am Tropenfieber. Vielleicht stellt sich sogar der legendäre Tropenkoller ein, ein abnormer Erlebniszustand mit Visionen und erhöhter Aggressivität. Nicht einmal der Tropenhelm kann da noch Schutz bieten.

Aber eigentlich sind all diese üppig blühenden Sprachbilder nur für die gut 23 Breitengrade nördlich und südlich des Äquators reserviert. Die Erdzone zwischen den Wendekreisen, wo die Sonne dem Menschen senkrecht auf den Kopf scheint. Wo es furchtbar heiß ist und trotzdem gewaltig regnen kann. Wo unsere europäischen Vorfahren mal das Gold- und mal das Gewürzparadies vermuteten. Heute weiß jeder Zeitungsleser, dass in den Tropen dieser unheimlich-schöne Regenwald wuchert. Eine letzte gewaltige Heldentat der planetarischen Naturkräfte, die durch kapitalistisch-kolonialistischen Eifer täglich weiter zum Verschwinden gebracht wird.

„Tropenfieber“ heißt ein spätsommerlicher Programmschwerpunkt im ZDF. Ein äußerst ehrgeiziges Sendeprojekt, eine Mischung aus elektronischer Abenteurerfahrt und ökologischer Rettungsmission. Fast drei Dutzend Sendungen werden sich im September mit dem Thema Tropen beschäftigen. Wissenschaftsjournale, Reisereportagen, medizinische Magazine, nächtliche Philosophenrunden. Ein Trickfilm für Kinder spielt ebenfalls im Dschungel und es gibt ein Wiedersehen mit Werner Herzogs berühmten Film „Fitzcarraldo“, in dem Klaus Kinski als Opernliebhaber seinen schweren Tropenkoller auslebt. Das ZDF veranstaltet auch ein Symposium unter dem Titel „Dschungelland wird abgebrannt…“, an dem Umweltstiftungen und deutsche Politiker teilnehmen.

Im Mittelpunkt des Programms aber steht eine aufwendig produzierte, dreiteilige Dokumentation in der Reihe „ZDF Expedition“. Die Autoren Petra Höfer und Freddie Röckenhaus haben die tropischen Paradiese dieser Erde erkundet.

Mit ambitionierten Spielszenen erzählen sie die historischen Abenteuer der europäischen Eroberer und Entdecker noch einmal nach. Gonzalo Pizarro, der für die spanische Krone „El Dorado“ suchte und den ungeheuren Amazonas fand. Louis-Antoine de Bougainville, der die Welt umsegeln wollte und auf Tahiti strandete. Und Alfred Russel Wallace, der sich in die Orang-Utans von Borneo verliebte und angeblich von Darwin um die Idee der Abstammungslehre bestohlen wurde.

In schönem Kontrast zu diesen reich bebilderten Legenden stehen Berichte über die Gegenwart der Tropen. Höfer und Röckenhaus haben Regenwaldforscher bei der Arbeit beobachtet und Eingeborene in ihrem Alltag. Vielleicht sind gerade diese eindringlichen Beobachtungen der eigentliche Genuss, der den Zuschauer erwartet.

Der erste Teil der Dokumentation, „Die Eroberung des Amazonas“, blendet das Porträt des holländischen Naturforschers Marc van Roosmalen und die historische Suche nach El Dorado ineinander. Es geht um Macht und Besitz, aber auch um ein Wissen, dass die Welt grundlegend verändern wird. Eigentlich ist Roosmalen anerkannter Affenforscher. Ein faszinierend mutiger Mann, ein sanfter Abenteurer, den die Tropen zum Philosophen gemacht haben. Seine wichtigste Mission hat er in der Entdeckung und Propagierung indianischer Lebensformen gefunden. Denn die einstigen Ureinwohner des Regenwaldes am Amazonas besaßen eine genial einfache Technik, die den Ackerboden über Jahrzehnte fruchtbar hielt. Heute vielleicht ein möglicher Weg, um exzessive Brandrodungen zu vermeiden und so die immer weitere Zerstörung natürlicher Ressourcen zu stoppen. Einzige Bedingung dafür wäre, von einer scheinbar rückständigen Kultur Lehren anzunehmen. Aber das fiel schon den Konquistadoren unendlich schwer.

„ZDF Expedition: Tropenfieber“, Sonntag, 19 Uhr 30; weitere Folgen am 14. und 21. September.

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