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Kölner Kreisel. Der 55 Jahre alte Buhrow, der nach seiner Intendanten-Wahl mit einem Lied auf den Lippen vor die Presse getreten war, gab sich am Mittwoch ernüchtert. Foto: dpa

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Medien: Bilderstürmer Buhrow

Der WDR-Intendant blickt nach 100 Tagen in einen „strukturellen Abgrund“.

Tom Buhrow, Intendant des Westdeutschen Rundfunks, hat nach 100 Tagen im Amt einen scharfen Sparkurs angekündigt. „Der ganze WDR kommt auf den Prüfstand“, sagte Buhrow am Dienstag in Köln. Bei einem Kassensturz habe sich herausgestellt, dass die Rücklagen des größten ARD-Senders bis Ende 2014 aufgebraucht seien. Laut interner Rechnung gerate der WDR 2015 mit 61,3 Millionen Euro ins Minus, bis 2023 summiere sich der Fehlbetrag auf 1,28 Milliarden – das entspricht knapp einem ganzen Jahresetat des Kölner Senders. Der WDR blickt nach Buhrows Worten in „einen gigantischen strukturellen Abgrund“. Eine jährliche Preissteigerung von zwei Prozent und Beitragseinnahmen in gleichbleibender Höhe sind darin ebenso eingerechnet wie die bereits im Haushalt veranschlagten jährlichen Kürzungen von 50 Millionen Euro.

Als Sofortmaßnahme kündigte Buhrow zusätzliche Einsparungen von 30 Millionen Euro im WDR-Etat 2015 an – in allen Direktionen und Abteilungen. Außerdem sollen bis Ende 2014 50 der über 4000 Planstellen abgebaut werden. Das sei „schon ein Riesenkraftakt“, sagte Buhrow, der betriebsbedingte Kündigungen vermeiden will. Auch die Rücklagen für Bausanierungen sollen verringert und freiwillige Leistungen des Senders gekürzt werden. Als Beispiel nannte Buhrow die Filmförderung. Sogar die Bilder an den Bürowänden müssen abgehängt werden, sofern sie dem WDR selbst gehören, auch der Kunstfundus soll verkauft werden. Im Laufe des kommenden Jahres will Buhrow einen strukturellen Umbau auf den Weg bringen. Ob und in welchem Umfang dies Auswirkungen auf die Programmangebote haben wird, darauf wollte sich Buhrow nicht festlegen.

Auf die Frage, welche Auswirkungen dies auf den geplanten gemeinsamen Jugendkanal von ARD und ZDF haben wird, antwortete der WDR-Chef: „Es wird auf keinen Fall einen zusätzlichen digitalen Spartenkanal geben.“ Der Jugendkanal könne nur durch die Umwidmung eines bestehenden Kanals ins Leben gerufen werden. Für die „große Herausforderung“, mehr Zuschauer aus der jüngeren Generation zu erreichen, gebe es kein Allheilmittel. Vorerst hat er den drei Millionen Euro großen, von Monika Piel geschaffenen „Innovationstopf“ des WDR in einen „Verjüngungstopf“ umbenannt. Außerdem will der Sender mit einem neu zugeschnittenen „Kreativ-Volontariat“ den „positiv Verrückten ein Forum bieten, um beim WDR anzudocken“.

Der 55 Jahre alte Buhrow, der nach seiner Wahl mit einem Lied auf den Lippen („Ich düse im Sauseschritt und bring die Liebe mit“) vor die Presse getreten war, gab sich ein wenig ernüchtert: „Ich habe es nicht bereut, das Amt übernommen zu haben, aber ich gebe unumwunden zu, dass die Aufgabe viel umfangreicher und der Druck größer ist, als ich es mir hätte vorstellen können.“ Völlig überraschend können die tristen Zahlen für Buhrow nicht gewesen sein. Vorgängerin Monika Piel hatte Ende 2012 darauf hingewiesen, dass ein ausgeglichener Haushalt ab 2015 bei gleichbleibenden Einnahmen nicht mehr gelingen könne.

Dass der WDR bei seinem Kassensturz mit gleichbleibenden Rundfunkbeiträgen gerechnet hat, bedeute nicht, dass „wir bei der KEF (der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, d.Red.) keinen Bedarf mehr anmelden. Ich hoffe schon, dass irgendwann der Bedarf wieder realistisch anerkannt wird.“ Die laufende Beitragsperiode endet 2016. Ob den öffentlich-rechtlichen Sendern die Umstellung von Gebühren auf einen Haushaltsbeitrag höhere Einnahmen beschert, ist nach wie vor unklar. Jeder Haushalt muss zurzeit monatlich einen Rundfunkbeitrag von 17,98 Euro bezahlen.

Buhrow kündigte an, den WDR stärker auf eine crossmediale Arbeitsweise auszurichten. In den Wirtschafts-, Sport- und Wissenschaftsredaktionen sowie in den Landesstudios soll es keine Trennung mehr zwischen den Abteilungen für Fernsehen, Hörfunk und Internet geben. „Wir müssen grundsätzlich den kulturellen Wandel schaffen.“ Buhrow hatte seine (Spar-)Pläne auch den WDR-Mitarbeitern bei einer Betriebsversammlung vorgestellt. Größere Proteste sind vorerst ausgeblieben. „Die Kollegen schätzen es, wenn man aufrichtig mit ihnen ist“, sagte Buhrow, dessen Karriere beim WDR begann und der sich noch zu einem emotionalen Bekenntnis hinreißen ließ: „Ich liebe den WDR, das ist mein Laden. Zur Liebe gehört auch Aufrichtigkeit.“

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