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Medien: Blutwunder und andere Symbole

Alle Figuren im Hörspiel „Die mitteleuropäische Zeit“ von Dirk Spelsberg sind pathologisch einsam. Ein Mann in der elterlichen Villa, eine junge Tramperin auf der Reise durch Deutschland, eine Frau in ihrer kleinen Wohnung.

Alle Figuren im Hörspiel „Die mitteleuropäische Zeit“ von Dirk Spelsberg sind pathologisch einsam. Ein Mann in der elterlichen Villa, eine junge Tramperin auf der Reise durch Deutschland, eine Frau in ihrer kleinen Wohnung. Drei traumatisierte Zeitgenossen monologisieren über ihr missglücktes Leben. Wie sie auf je eigene Weise aus der mitteleuropäischen Zeit gefallen sind. Wie es aufhörte mit dem Glauben an tragfähige Familien- und Liebesbeziehungen, wie die Zukunft hoffnungslos wurde, wie tägliche Geldsorgen sie quälen oder der Reichtum keinen Halt bietet. Jetzt ist die mitteleuropäische Welt zum Feindbild geworden. Ein Geflecht aus brutalem Kommerz und nicht minder gewalttätigem Entertainment. (SWR 2, 14. September, 21 Uhr 03, Kabel UKW 107,85 MHz).

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Anfang der fünfziger Jahre war Marlene Dietrich Hauptdarstellerin einer Seifenoper im amerikanischen Radio. Als jetsettende Nachtclubsängerin Diane la Volta wurde sie in „Time for love“ in haarsträubende kriminelle Aktionen verwickelt. Mörder, Spione und Juwelendiebe waren ihre Gegner. Doch niemand konnte dem erotischem Timbre dieser Frau widerstehen. Mit ganz weiblichen Waffen brachte la Volta Waffenhändler und Auftragskiller zur Strecke. Die Kulturradio-Reihe „Hollywood on air“ holt die Originalbänder der Seifenoper, die lange als verschollen galten, noch einmal aus den Archiven. Zu jeder englischsprachigen Szene gibt es eine kurze Zusammenfassung in Deutsch (Kulturradio, 15. September, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

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Der Nachbar ist eine zentrale Größe in unserem Erfahrungshaushalt. Wir sind aufs Dickste mit ihm befreundet oder führen erbitterte Gerichtsprozesse gegen ihn. Manchmal hören wir jahrelang nur sein Rumoren hinter der Wand. Nachbarn sind Projektionsfiguren im Guten wie im Bösen. Sie können anonyme Angstgegner sein oder soziales Bollwerk gegen die Ängste der Anonymität. Wir beschäftigen uns viel mit ihnen und vergessen dabei gern, dass wir selber auch nur Nachbarn sind. Eine ganze Radionacht lang versucht Autor Günter Rohleder das Wesen der Nachbarschaft zu ergründen. Unter dem Titel „Zwischen Hassliebe und Schicksal“ diskutiert er mit Nachbarschaftsexperten aller Art (Deutschlandradio Kultur, 16. September, ab 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

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Für ihr Feature „Heiliges Blut oder Warum wollen jetzt alle katholisch sein“ ist Autorin Susann Sitzler an die Schauplätze katholischer Blutwunder gefahren. Sie war in der Oberpfalz, um dort das Sterbezimmer der stigmatisierten Therese von Konnersreuth zu besichtigen. Im Dom von Neapel hat sie darauf gewartet, dass sich das 1700 Jahre alte Blut des heiligen Januarius wieder verflüssigt. Blut ist das stärkste Symbol des Christentums. In den Hochzeiten eines volksnahen Katholizismus galten Blutwunder als nachdrücklichste Beweise für die Existenz des Erlösers. Auch heute fließt noch ab und an irgendwo auf der Welt heiliges Blut. Was hat es damit auf sich? Warum werden Blutwunder noch immer gebraucht? (Deutschlandradio Kultur, 16. September, 18 Uhr 05)

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Autor Eugen Ruge hat eine Serie von Kurzhörspielen über kontaktsuchende Zeitgenossen geschrieben. In seinem Stück „Maulwurf sucht Seeadler“ ist jede Figur damit beschäftigt, eine Kontaktanzeige für die Zeitung zu formulieren. Es geht um eine neue Liebe, darum, ob die Zukunft einsam sein wird, es geht um alles. Wie soll man in so einer Anzeige beschreiben, wer man ist? Wie benennen, was man sucht? In den grüblerischen Monologen der einsamen Herzen kommen Wahrheit und Lüge, Traum und Realität in höchst amüsante Konflikte. Man möchte eine schwungvolle Selbstvermarktung betreiben, verfällt dabei aber in schonungslose Selbstanalyse. Widersprüche zeigen sich, die ziemlich genau unsere Lebenswirklichkeit ausmachen (Kulturradio, 18. bis 22. September, jeweils 14 Uhr 15).

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