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Casting-Show: "DSDS": Unter Schlangen

RTL verliert seine Skandalnudel, das Finale soll aber trotzdem stattfinden. Hinter den Kulissen der vorletzten Ausgabe von "Deutschland sucht den Superstar".

Wie anders hätte sich die von RTL als karrieregeile Giftspritze inszenierte Casting-Sängerin Annemarie Eilfeld von der Unterhaltungsshow „Deutschland sucht den Superstar“ („DSDS“) verabschieden können als mit einem züngelnden Skandälchen? Als „DSDS“-Moderator Marco Schreyl die Kandidatin Annemarie fragte, was sie über ihre Rauswahl so kurz vor dem Finale denke, sagte diese strahlend in die Kamera: „Endlich!“ Nein, das war keine Ironie, sie meinte das am Ende ernst.

Eine Schlange werde diesmal auf der Bühne stehen, hatte Schreyl zu Beginn der Livesendung auf RTL am Samstagabend angekündigt, und spielte damit auf die angeblichen, nicht enden wollenden Streitigkeiten hinter den Kulissen bei „DSDS“ um das angeblich hinterlistige „blonde Gift“ an. Dann kam Annemarie Eilfeld am Abend ihres 19. Geburtstages mit einer 18 Kilo schweren Schlange um den Körper auf die Bühne. Dieser spektakuläre Auftritt zu Nelly Furtados „Maneater“ hat Eilfeld möglicherweise entscheidende Stimmen gekostet. Statt sich wie bei der Generalprobe von ihrer Trägerin in die Höhe hieven zu lassen, habe die Schlange beim Auftritt richtig gegen sie gearbeitet, sie eingeengt und abgelenkt, sagte Deutschlands verhinderter Superstar später. „Das Tier war total steif.“

Eines scheint klar zu sein, das wissen die RTL-Programmmacher, das sagten viele der 1400 Gäste im voll besetzten Kölner Sendestudio bei der achten Mottoshow, und das sieht wohl auch das wieder rekordträchtige Publikum vorm Bildschirm (5,16 Millionen Zuschauer, Marktanteil 19,4 Prozent) so: Weil die vor der Kamera und für die „Bild“-Schlagzeilen („Annemarie will Frieden mit Bohlen“) so schön polarisierende Auszubildende zur Immobilienkauffrau aus Dessau nicht im Finale steht, hat die Gesangsshow an Reiz verloren. Am kommenden Wochenende werden der als Mädchenschwarm aufgebaute Dieter-Bohlen-Favorit Daniel Schuhmacher und die Diva genannte Sarah Kreuz antreten.

Die erste Herausforderung stand Sarah sowie dem „DSDS“-Choreographen und Bundestanztrainer Dirk Heidemann bei ihrem Premieresong der Mottoshow „Das Beste vom Besten“ bevor: „Für Dich“, vormals gesungen von Yvonne Catterfeld. Sarah Kreuz, die 19-jährige Sinti aus dem bayerischen Poppenhausen, bestand ihren Auftritt auf einer Schaukel mit Bravour. „Eine Ehre für mich, das Lied so von dir zu hören, das ist schließlich ein Song von mir“, sagte Juror Dieter Bohlen. Lob hatten Mitentscheider Nina Eichinger und Volker Neumüller für Sarah parat, als sie mit dem kraftvollen Lied „I’m Outta Love“ von Anastacia erstmals in dieser sechsten „DSDS“-Staffel zeigte, dass sie sich auch bewegen könne. Da habe der Choreograph ganze Arbeit geleistet. Die kraftvolle, soulige Stimme ließ das Abstimmungspublikum zuhause vorm Bildschirm über die vielen Texthänger hinwegsehen. „Ich bin überglücklich“, sagte Sarah in der Presselounge und beschrieb noch nach Mitternacht eine Autogrammkarte nach der anderen. Daniel Schuhmacher bekam für seine gefühlvoll-samtige Performance im Studio stehende Ovationen. Die gezügelt wirkende „Rehab“-Version von Amy Winehouse des 22-Jährigen begeisterte Dieter Bohlen: „Ich hoffe, dass die Leute nach Stimme anrufen.“

Erstmals in dieser „DSDS“-Staffel hatte sich die Jury der Stimme bei der Nominierung ihrer persönlichen Ausscheidungskandidaten enthalten. Und vollführte einen Freudentanz vor den Kameras, als es Annemarie Eilfeld traf. Diese hatte die Endziffer zwei, dazu hatte sie mit zwei Fingern das Victory-Symbol in die Kamera gezeigt und einen Geburtstagskuchen der „Bild“-Zeitung gekriegt.

Es half alles nichts. Vielleicht auch, wie ihre Eltern mutmaßten, weil in Dessau ein großes Outdoor–Event die Fans vom Telefon-Voting abhielt. Annemarie war froh, „dass die ganzen Kindereien hier jetzt vorbei sind“. RTL verliert also seine stimmgewaltige Skandalnudel, das große „DSDS“–Finale am Samstag soll trotzdem stattfinden.

Annette Kögel[Köln]

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