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Medien: City ohne Sex

Am Dienstag endet „Sex and the City“. Sibylle Berg trauert um ein nettes Stück Fernsehtrash. Mehr war die Serie nie

„Sex and the City“ war eine nette Fernsehserie. Vielmehr müsste darüber keiner schreiben, lesen, wissen, und einzig erstaunlich ist, dass es so viele Erklärungsversuche gab, in den Jahren, in denen die sechs Staffeln liefen. Als ob niemand, also, niemand der bei den Printmedien beschäftigt war, einfach hätte zugeben können, niedlichen Fernsehtrash zu schauen. Sehen alle nur Arte. Oder einen Tierfilm ab und zu. Kein Wort darüber, das die Tiere NACKT sind.

„Sex and the City“ war eine Frauenserie. Frauen haben ein schlechtes Selbstbewusstsein. Kein Mann käme auf die Idee, sich zu erklären, weil er Harald Schmidt schaute, „24“, oder anderes Männerzeug. Frauen sahen „Sex and the City“ und fügten meist, wenn die Rede darauf kam, zum Eingeständnis eine langatmige Erklärung nach. Über die revolutionäre Idee, Frauen männliche Sexualverhalten zuzuschreiben, über die Designstudien, die man treiben konnte, über die Selbstständigkeit der taffen vier Protagonistinnen. Über Emanzipation. Alles Quatsch.

„Sex and the City“ war sehr gut gemachte Fernsehunterhaltung, und wenn man daran etwas ablesen konnte, so einzig das Gespür der Produzenten für einen riesigen Markt: allein stehende Frauen zwischen 30 und 40. Die Serien-Frauen sahen ein bisschen besser aus als der Durchschnitt ihrer Zuschauerinnen, und damit hatte es sich auch schon mit dem Realitätsbezug.

Vermutlich waren die meisten Drehbücher zu den Folgen von Homosexuellen geschrieben, denn es fanden keine wirklichen Frauen-Probleme statt. Es war, wie bei schwulen Modedesignern, alles nur eine Persiflage auf Frauen. Es gab keine Erschöpfung, keine Probleme am Arbeitsplatz, keine Zellulitis, keine der Frauen hatte das Problem der Unsichtbarkeit, mit dem Frauen ab Mitte 30 sich konfrontiert sehen, die Männer lösten keine tiefergehende Gefühle aus, sie waren eher „Ken“-Parodien. Männer und Frauen hatten sich nichts zu sagen, die Gespräche liefen am Rande der Verblödung, und das Einzige, um das es ging, schien: Geschlechtsverkehr mit irgendwie Heiraten zu sein. Die Frauen klagten nicht, waren nie ernsthaft krank, sahen nie wirklich schlecht aus, sie waren immer für Sex verfügbar. Alles sehr männliche Ideen, alles weit weg von der Realität.

Soviel zur Entschuldigung: Das war schon sehr revolutionär. Und endlich hat es mal einer gesagt. Was gesagt, außer einem netten Märchen von netten Frauen, die nette Gefühle in netten Wohnungen hatten? Aber es war nichts Falsches an der Serie, nichts für das man sich schämen müsste, abends, allein auf der Couch, beim Träumen von einem Leben mit Happy End. Das normale, nicht im Fernsehen stattfindende Alleinleben, hat sehr wenig Glamour. Wer in unserer Zeit älter ist und allein, hat sehr gute Chancen, es zu bleiben. Allein stehende Frauen sind meist gutverdienend (zumindest waren sie es, bevor Deutschland gergroundet wurde) und gut ausgebildet, sie treffen laut Statistik auf Männer, die entweder gebunden oder unterdurchschnittlich gebildet und verdienend sind. Die Chancen nach dem 40. Geburtstag noch eine gute Partnerschaft einzugehen, sind nicht gerade brillant.

Frauen arrangieren sich meist mit ihrer Situation, schaffen sich Netzwerke, sind relativ zufrieden und nicht sonderlich daran interessiert, einen arbeitslosen Freund zu haben, der in diesem Alter meist auch ein wenig verwahrlost ist.

Der schnelle unkomplizierte Sex ist für die meisten Frauen eine schöne Fantasie. Nach der Arbeit, in Bars herumzulungern, und sich einem Fremden auszuliefern, nach einigen Gläsern irgendwas, scheint vielen zu gefährlich und auch zu wenig Erfolg versprechend, wenn man um die weibliche Sexualität weiß. Aber jetzt versuche ich schon wieder zu erklären. Und das hat die Serie nicht verdient. Fernsehen ist Ablenkung von der Wirklichkeit, ist für kurze Zeit Vorspiegelung einer Welt, die den Tod nicht kennt und die Anstrengung, die Leben ist. Dagegen ist doch wirklich nichts zu sagen.

„Sex and the City“, letzte Folge „Eine Amerikanerin in Paris“: Dienstag um 21 Uhr 25 auf Pro 7; um 20 Uhr 15 läuft auf dem Sender eine „Sex and the City“-Gala unter anderem mit Lenny Kravitz.

Sibylle Berg schreibt Romane und Theaterstücke. Zuletzt ist von ihr „Ende gut“ bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.

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