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Medien: Club der Unzufriedenen

Tragikomischer Frauenfilm „Freundinnen fürs Leben“

Man will immer das, was man nicht hat. Nele (Katharina Wackernagel) will ein Baby, und ihr langjähriger Freund Martin (Andreas Pietschmann) fügt sich dem Intimleben nach der Uhr, doch Nele wird nicht schwanger. Ihre Freundin Sophie (Jule Böwe) wird hingegen ungewollt schwanger und weiß nicht mal, wer der Vater ist. Und beider Freundin Andrea (Anja Kling) wiederum hat zwar zwei Kinder, doch Ex-Mann Günther (Martin Lindow) kümmert sich nicht drum, und der Ex-Freund Meier (Wotan Wilke Möhring) will sich kümmern, darf aber nicht, da Andrea auch ihn aus ihrem Leben verbannt hat. Was sie eigentlich will, weiß sie nicht. So wie Sophie das bekommt, was sie nicht will, und Nele eben nicht das, was sie will.

Allen geht es irgendwie um das eine: Glück. Doch was das genau ist, und wie man es bekommt und dann festhält – das scheint keine der drei „Freundinnen fürs Leben“ so recht zu wissen.

Die in Istanbul geborene und in Hamburg aufgewachsene Regisseurin Buket Alakus, Jahrgang 1971, die zuvor „Anam“ (2000) und „Eine andere Liga“ (2005) inszenierte, legt nun ihren dritten Spielfilm vor. Das Drehbuch schrieb Ruth Toma („Emmas Glück“). Vor und hinter der Kamera also: Frauen. Frauen, die davon erzählen, wie es den Mittdreißigern heute geht, in einer bundesrepublikanischen Wirklichkeit, in der Flexibilität, Mobilität und Karrierestreben ein halbwegs intaktes Liebes- oder Familienleben zunehmend unmöglich zu machen scheinen. Ein Fernsehfilm, der unfreiwillig rechtzeitig zur Eva-Herman-Debatte um das moderne Frauenbild kommt, ohne dabei freilich ein Lebensmodell zu favorisieren. So einfach machen es sich Toma und Alakus nicht. Zumal sie gleich drei Frauen nachgehen, die zwar ihre langjährige Freundschaft verbindet, nicht jedoch ihre Auffassungen über die Liebe und das Beziehungsleben und deren praktische Lebbarkeit.

Dabei ist allen gemein, dass sie sich blind selbst im Weg stehen, dass ihr Egoismus sie vom Miteinander der Zweisamkeit abhält. Das, was sie primär vor Augen haben, das sind sie selbst. Unentwegt fállen die Sätze „Ich will aber“ oder „Ich kann nicht“. Und unentwegt bespiegeln sich die drei in ihren unterschiedlichen Sehnsüchten, ohne dabei zu realisieren, dass es sogar Männer in aller drei Leben gibt, die, würde frau sich nur einen Moment sehend neben sich selbst stellen, bereit wären, das Leben mit ihnen zu teilen.

Das ist von Buket Alakus teils sehr schön inszeniert, wenngleich die Tragikomödie ihre durchaus angebrachte Ernsthaftigkeit erst in der zweiten Hälfte so richtig entfaltet, während es gerade anfangs etwas zu sehr komödiantisch zugeht. Sympathieträgerin ist bei alledem vor allem Anja Kling, die immer an die französische Aktrice Emmanuelle Béart erinnert und noch viel öfter in solch ernsten Produktionen zu sehen sein sollte, wie etwa in Max Färberböcks „September“ oder in Matti Geschonnecks „Die Ärztin“. Wie ein leitmotivischer roter Faden ziehen sich übrigens die schönen Sequenzen durch, in denen die drei bei den Chorproben des namenlosen Chorleiters (Gustav Peter Wöhler) sitzen, mehr schnatternd denn singend, sich auf den aktuellsten Wochenstand bringend, bis der so sehr geduldige Chorleiter erstmals nach Jahren ausrastet und brüllt: „Warum, warum müsst ihr euch immer alles ausgerechnet in meiner Chorstunde erzählen? So viel kann doch gar nicht passiert sein in einer Woche, oooderrr?!“ Fortan sitzen sie getrennt. Und machen auch weniger Worte um ihre Leben, die sich nun verändern werden. Man will eben immer das, was man nicht hat …

„Freundinnen fürs Leben“: ZDF, 20 Uhr 15

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