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Medien: „Da bricht etwas Neues auf“

„Karamuk“ und die Hoffnung nach Fatih Akins Berlinale-Triumph

Mit dem Goldenen Bären für Fatih Akins „Gegen die Wand“ gab es für den Film eines deutschtürkischen Regisseurs bei der diesjährigen Berlinale einen unerwarteten Erfolg. Der Preis fällt auf fruchtbaren Boden; denn dass die Kinder türkischer Einwanderer mit dem Kino einiges anzufangen wissen, haben sie in den letzten Jahren in einer Reihe von Filmen bewiesen. Auch wenn diese „nur“ im Fernsehen ausgestrahlt werden wie „Karamuk“. Das berührende und sehenswert inszenierte Erstlingswerk von Sülbiye V. Günar eröffnet im WDR die neue Staffel der „Avanti Debütanti“-Reihe. Unter den sechs Filmen ist mit „Zwischen den Sternen“ (22. März) von Seyhan Derin ein weiterer Beitrag aus dem deutsch-türkischen Fundus.

Günar hat in „Karamuk“ eine Perspektive gewählt, die mal nicht vom Kampf zwischen traditionsbewussten türkischen Eltern und zur Freiheit drängenden Kindern erzählt. Ihre Figuren tragen kein Kopftuch, und es tauchen keine Drogendealer auf, sondern wohlhabende, längst integrierte Einwanderer. Im Mittelpunkt steht Johanna (Julia Mahnecke), ein unausstehlicher Teenager, der zufällig entdeckt, dass ihr leiblicher Vater ein erfolgreicher türkischer Restaurant-Besitzer ist. Johanna übernimmt bei dem ahnungslosen Mann einen Job als Küchenhilfe, und die bis dahin fremde Kultur wirkt ausgesprochen förderlich auf Johannas Identitätssuche. Von den „guten Qualitäten der türkischen Familientradition wird ja nicht so oft erzählt“, sagt Sülbiye Günar, doch sie inszeniert dies nicht aufdringlich, sondern beiläufig, eingepasst in die Geschichte Johannas. Deren einziges Ziel scheint zu sein, die Aufnahmeprüfung bei einer Pariser Modeschule zu schaffen. Zur Bewerbung muss sie Entwürfe zum Thema „Leben auf einem anderen Planeten“ liefern.

„Genau dazwischen“, weder der deutschen noch der türkischen Kultur zugehörig, so empfindet sich die 30-jährige Regisseurin. Sülbiye V. Günar ist in der Nähe von Stuttgart als Tochter einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters aufgewachsen. Nun lebt sie in Berlin und hat ihren Abschlussfilm an der Film- und Fernsehakademie („Saniyes Lust“) gerade abgedreht. Über den Preis für Fatih Akin habe sie sich „total gefreut. Alle haben geweint“, sagt sie über sich und ihre Freunde. Es sei das Gefühl aufgekommen, dass „etwas Neues aufbricht für türkische Regisseure in Deutschland“. Ihr eigener, bei mehreren Festivals ausgezeichneter Film fand keinen Kino-Verleih. Es sei nicht klar, welche Zielgruppe angesprochen werden soll, habe die Begründung gelautet. „Viele türkische Mitbürger sehen sich diese Filme gar nicht an,“ sagt Günar. Aber das, hofft sie, könnte sich mit Akins Erfolg auch ändern.tgr

„Karamuk“, WDR, 23 Uhr 15

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