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Medien: Der 20000-Euro-Satz

Seit acht Jahren sind die Hersteller von Arzneimitteln gegen das kleine Zipperlein verpflichtet, im Fernsehen das berühmte Sätzchen von den Risiken und Nebenwirkungen anzuhängen. Und seit acht Jahren versuchen die Sprecher von TV-Spots, den Wurmfortsatz in fünf bis vier Sekunden runterzusprechen.

Seit acht Jahren sind die Hersteller von Arzneimitteln gegen das kleine Zipperlein verpflichtet, im Fernsehen das berühmte Sätzchen von den Risiken und Nebenwirkungen anzuhängen. Und seit acht Jahren versuchen die Sprecher von TV-Spots, den Wurmfortsatz in fünf bis vier Sekunden runterzusprechen. Der Rekord liegt bei 3,5 Sekunden, aufgestellt im Münchner Hastings Tonstudio. Die Version war allerdings kaum noch zu verstehen – genauso wenig wie der Satz an sich.

Würde der Spruch dick auf jeder frei verkäuflichen Arzneimittelpackung stehen – ähnlich der Warnhinweise auf Zigarettenpackungen – könnte der kritische Verbraucher sagen: „Macht Sinn.“ Aber das tut er leider nicht. Bei Aktren von Bayer stehen auf der Vorder- und Rückseite lediglich der Wirkstoff und der Hinweis, dass es sich um ein hochwirksames Schmerzmittel handelt (schöne Grüße an die Nieren). Von Risiken und Nebenwirkungen ist nicht die Rede. Die befinden sich auf dem Beipackzettel, den ich aber nur dann lese, wenn ich den Schmerzhammer längst gekauft habe. Also ist der Appendix in den Pharma-Spots doch berechtigt? Sagen wir so: Er tut niemandem weh – er langweilt den TV-Zuschauer nur mächtig.

Aber eine böse Nebenwirkung der Nebenwirkungen bleibt. Die fünf Sekunden kosten je nach Sendezeit 120 bis 20 000 Euro. Und wer muss die bezahlen? RTL oder ARD? Wohl kaum. Bayer, Boehringer oder Ciba? Die legen das Geld zwar aus, holen es sich aber elegant wieder zurück.

Erst vom Apotheker, der zumindest mehr Umsatz macht. Und dann von Ihnen und Ihrem dicken Hals, den Sie von dem albernen Anhängsel bekommen haben. Abgesehen davon sind Sie längst wieder gesund, wenn Sie alle Risiken und Nebenwirkungen nicht nur gelesen, sondern auch verstanden haben. Reinhard Siemes

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