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Medien: "Deutschlandspiel": Ulrich Lenze, Produzent des Doku-Dramas, über Qualität im deutschen Fernsehen

Herr Lenze, Sie sind Fernseh-Produzent. Was machen Sie da eigentlich?

Herr Lenze, Sie sind Fernseh-Produzent. Was machen Sie da eigentlich?

Der Produzent steht am Anfang einer Kette von Ideen, die zu einem Fernseh- oder Filmprojekt führen. Wenn er sein Handwerk versteht, wird er vor allem gute Ideen finden, fördern und dafür sorgen, dass sie umgesetzt werden. Er muss dafür Partner in den Sendern gewinnen, um die Finanzierung sicherzustellen.

War es schwierig, für das "Deutschlandspiel" einen Sender zu finden? Es wird ja eher kein Straßenfeger.

Das sehe ich anders. Der Zweiteiler wird ein großes Publikum haben. Hier musste eine gewaltige Stoffmenge zu einer ebenso authentischen wie spannenden Geschichte verdichtet werden. Aber das ist uns gelungen.

Ist es schwieriger geworden, Produktionen wie das "Deutschlandspiel" unterzubringen?

Bezogen auf den gesamten Markt ja. Die Konkurrenz um den Zuschauer hat stark zugenommen, die Wachstumsraten bei den Werbeeinnahmen haben sich abgeschwächt. Es gibt bei allen Sendern eine Tendenz, den sicheren Weg zu gehen. Aber es ist möglich, anspruchsvolle Stoffe zu realisieren. Die Nachfrage nach intelligentem Fernsehen wird durch die Niveausenkung der Durchschnittsware selbst lebendig gehalten. Der Zuschauer ist längst nicht so blöd, wie manche glauben.

Woran erkennt man gute Qualität?

Qualität lässt sich schlecht abstrakt definieren. Natürlich gibt es Maßstäbe für die Qualität der Dialoge, Schauspieler und Kamera. Entscheidend ist die innere Glaubwürdigkeit und Sogkraft einer Geschichte. Niemand kennt - Gott sei Dank - den Zuschauer so genau, dass der Erfolg planbar wäre. Aber ich glaube, dass man mit einem Film, der den eigenen Kopf und Bauch trifft, die besten Chancen hat, auch den Zuschauer zu erreichen. Es wäre fatal, zu sagen: "Das finde ich zwar großen Mist, aber die Zuschauer wollen vielleicht so etwas."

Qualität ist also äußerst relativ?

Nein. Qualität hängt von den Bedingungen ab, unter denen ich produzieren kann. Natürlich vor allem vom Talent der Beteiligten. Und - ob sie wollen oder nicht - vom Geschmack der Zeit. Wenn gesagt wird, früher sei alles besser gewesen, wüsste ich gern, warum ein "Heiteres Beruferaten" mit Robert Lembke oder der "Goldene Schuss" mit Lou van Burg soviel kulturell wertvoller gewesen sein sollten als heutige Quiz- und Game-Shows. Im Übrigen ist das Fernsehen weit weniger Leitmedium als früher. Es wird stattdessen immer mehr zum Begleitmedium. Marcel Reif hat völlig recht: Fernsehen ist, wenn die Leute zuschauen.

Finden Sie das bedauernswert?

Nein. Man muss nach vorne schauen. Das Fernsehen kann nach wie vor dazu beitragen, dass wir uns aufgeklärt und zivilisiert verhalten. Aber es ist auch einfach Unterhaltungsindustrie. Man darf ihm nicht zu viel aufbürden.

Wie reagiert der Produzent auf die derzeitigen Entwicklungen?

Die Vermehrung der Programme hat zu mehr Wahlmöglichkeiten beim Zuschauer geführt - aber auch zu mehr Angleichung. Wir Produzenten haben vom allgemeinen Wachstum profitiert, haben jetzt aber auch die Chance, aus dem Einerlei herausragende Qualität zu liefern.

Also keine Angst vor der Zukunft?

Der Verdrängungswettbewerb ist enorm. Wer nicht über die wirtschaftliche Kraft verfügt, um auch einmal ein Risiko für ein tolles Projekt eingehen zu können, für den wird die Luft dünner. Die Fernsehanstalten bezahlen annährend alle Kosten und wollen dafür auch alle Rechte behalten. Klingt irgendwie logisch. Heißt aber auch: der Produzent ist gewissermaßen abhängig beschäftigt.

Stirbt der unabhängige Produzent aus?

Nein, aber wenn man es auf den reinen Auftragsproduzenten bezieht, spielen immer weniger Produktionsfirmen eine nennenswerte Rolle, weil die keine Möglichkeit haben, über die Partizipation an den Rechten der von ihnen entwickelten Programme ihre wirtschaftliche Kraft zu vermehren. Das deutsche Fernsehen braucht aber lebensnotwendig starke und risikofreudige, auch international konkurrenzfähige Produzenten. Das sehen auch die Sender so.

Da könnten Sie doch eigentlich den Sendern die Pistole auf die Brust setzen?

Darum geht es nicht, aber Produzenten wie in den USA können sich das Risiko leisten, ein Programm zu finanzieren und zu produzieren und es anschließend meistbietend an die Sender zu verkaufen. In Deutschland macht dies zum Beispiel eine holländische Firma mit Geld aus dem europäischen Aktienmarkt vor - der Produzent von "Big Brother". Also: stärkere deutsche Produzenten würden die Stärkung des deutschen Films insgesamt bedeuten.

Herr Lenze[Sie sind Fernseh-Produzent. Was machen]

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