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Medien: „Die Heuchelei ärgert mich“

„Tatort“-Autor Felix Huby nimmt es gelassen, dass ihm Schleichwerbung ins Drehbuch geschrieben wurde

Herr Huby, wie geht es Ihrem Bienzle und seinem Sizilianer?

Denen geht’s gut. Ich finde es allerdings ausgesprochen schade, dass ausgerechnet die Szene mit dem Joghurt und dem Rapsöl aus dem Film genommen wurde. Die war so witzig, dass ich richtig darüber traurig war, dass sie mir nicht eingefallen ist.

Verstehen Sie die ganze Aufregung überhaupt?

Nein! Diese Aufgeregtheit ist völlig überzogen. Jeder, der mit Fernsehen zu tun hat, weiß doch, wie der Hase seit Jahrzehnten lang läuft. Warum, glauben Sie wohl, flogen immer wieder Flugzeuge der Lufthansa durchs Bild und keine anderen, und wieso fahren die Fernseh-Kommissare immer Autos großer deutscher Marken? Das ist doch alles nichts Neues.

Wie wär’s mit einem konkreten Beispiel?

Die ZDF-Serie „Pfarrer Braun“, die vor einigen Jahren lief, soll meines Wissens von der evangelischen Kirche gesponsort worden sein. Bei meiner Serie „Oh Gott, Herr Pfarrer“ haben wir an so was gar nicht gedacht! Mich ärgert die Heuchelei, die jetzt an den Tag gelegt wird. Viele derer, die sich jetzt so furchtbar aufregen, haben doch seit langem Bescheid gewusst.

Haben Sie auch alles gewusst?

Was Bienzle betrifft, nein. Mein Produzent Michael von Mossner hat mich aus allem rausgehalten. Allerdings muss ich zugeben, dass ich nicht geglaubt habe, dass man tatsächlich so weit gehen würde, Szenen für Joghurt umzubauen. Trotzdem, dass ich den besten und kreativsten Produzenten, den ich je hatte, auf diese Weise verloren habe, schmerzt mich sehr, und ich finde es auch überhaupt nicht in Ordnung.

Haben Sie Einfluss auf die filmische Umsetzung Ihrer Drehbücher?

Wie denn? Wenn ich den fertigen Film sehe, sind meistens zwei Jahre seit Abgabe meines Drehbuchs verstrichen. Und Sie können sich vermutlich gar nicht vorstellen, wer sich in dieser Zeit so alles an den Büchern zu schaffen macht. Ich glaube auch nicht, dass die Regisseure, wenn man ihnen sagt, wir müssen da noch eine Joghurt-Szene oder eine Bier-Szene haben, das so einfach mitmachen würden. Jedenfalls nicht Leute wie Hans Christoph Blumenberg oder Hartmut Griesmayr, die viele meiner Drehbücher verfilmt haben und die ich kenne und sehr schätze.

Als Autor müssten Sie doch aus der Haut fahren, wenn Ihre Arbeit derartig manipuliert wird.

Als Autor liefern Sie ein Buch ab. Regisseur, Producer, oft auch der Herstellungsleiter und mancher Redakteur betrachten das, was dann vorliegt, als Knetmasse. An einem Film arbeiten nun mal viele mit. Auch Schauspieler haben Wünsche. Deshalb werden Drehbuchautoren ja auch relativ gut bezahlt. Man liefert ein Drehbuch ab, und das war’s dann. Im Grunde bekommen wir Autoren zwar ein Honorar, aber das ist auch ein Schmerzensgeld.

Also: alles gar nicht so schlimm?

Diejenigen, die sich jetzt aufregen, haben insoweit Recht, dass es nicht in Ordnung ist, wenn ein Drehbuch verändert wird, damit Werbung betrieben werden kann.

Aber das Geld will trotzdem jeder haben.

Jeder will preiswert an etwas kommen. Aber dafür muss dann auch etwas getan werden. Denken Sie nur an Schimanski und die berühmten Hustenbonbons, die rein zufällig überall herum lagen.

Ist es jetzt fürs Erste mit der Schleichwerbung vorbei?

Ich glaube schon. Aber wahrscheinlich nicht für alle Ewigkeit. Die ganze Branche lacht doch darüber, dass es jetzt Einzelnen an den Kragen geht. Ob sich am Großen und Ganzen viel ändern wird, na, ich weiß nicht.

Hat denn niemand in den Sendern jemals über Schleichwerbung nachgedacht? Haben die alle sanft geschlafen?

Es kann mir doch niemand weismachen, dass kein einziger der ARD-Granden etwas gemerkt hat. Das wurde über Jahre mit einem Augenzwinkern akzeptiert. Und wenn die Herren sich jetzt so aufregen, dann wird’s komisch.

Wird die ARD auf Tätersuche in den eigenen Reihen gehen?

Ich glaube nicht. Die Sender halten doch jetzt schon alles für aufgeklärt und abgehakt. Aber vielleicht kommt der Anstoß ja von außen. Stefan Bechtle, Chefproducer der Serie „Marienhof“, einer von denen, die jetzt gehen mussten, hat ja schon gesagt, dass er sich das so nicht gefallen lässt. Da kommt sicher noch was nach.

Muss Schleichwerbung sein, damit ein Film besser wird?

Vielleicht wäre es so, wenn das Geld aus der Schleichwerbung in den Film fließen würde. Aber so ist es ja nicht. Die Produktionsgesellschaft steckt es ein und bessert damit ihre Bilanzen auf. So gesehen können Autoren und Regisseure gerne darauf verzichten.

Wie hält es denn Ihr Kommissar Bienzle mit dem Thema Schleichwerbung?

Bienzle fährt Mercedes. Das Auto stellt der Konzern zur Verfügung. Aber das war schon immer so.

Das Interview führte Thomas Eckert.

Felix Huby ist Krimi- und Drehbuchautor.

Er hat die heutige „Tatort“-Folge des Stuttgarter Kommissars Bienzle geschrieben. In den 70er Jahren war er Korrespondent des „Spiegel“.

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