zum Hauptinhalt

Digitalkanäle: Jugend, wo bist du?

Ein Ziel, zwei Wege: Wie ARD und ZDF das verlorene Publikum suchen und finden wollen. Zunächst müssen jedoch einige Irritationen ausgeräumt werden.

Braucht das öffentlich-rechtliche Fernsehen einen Jugendkanal? Ein Programm für die 14- bis 29-Jährigen, eines, das die ans böse Privatfernsehen verlorene Jugend wieder zurückholt? Die Fakten sagen aus, dass die Publika von ARD und ZDF im Schnitt 60 Jahre alt sind, das der ARD-Dritten sogar 63 Jahre. Daran hat niemand Schuld denn die Sender selbst, die – anders als der ARD-Hörfunk – die jungen TV-Nutzer regelrecht vertrieben haben.

Jetzt will die ARD mit einer Hauruckaktion die Vergangenheit vergessen machen und „Jugendliche mit Anspruch“ – ein Etikett des ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor – für sich gewinnen. Nicht, dass einzelne der neun Landesrundfunkanstalten nicht schon längere Zeit an einem Jugendkanal herumbasteln, doch jetzt glaubt der Senderverbund einen Weg zum Glück gefunden zu haben. Weil nicht alle Anstalten das Projekt mittragen und kleine bis mittlere Sender dies schon gar nicht mitfinanzieren möchten, soll das ZDF mit ins Boot geholt werden. Lutz Marmor hat die übrigen Intendanten hinter sich versammelt und dem ZDF-Chef am Montag einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet und diesen bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin bekräftigt.

Unter dem Stichwort „Konzentration, Profilierung, Kooperation“ sollen aus den jeweils drei Digitalkanälen von ARD und ZDF drei gemeinsame werden. „Es ist ein Gebot der Stunde zu sagen: Wir müssen unsere Kräfte konzentrieren“, sagte Marmor. Als Nukleus identifizierte der ARD-Vorsitzende einen gemeinsamen Jugendkanal aus EinsPlus und ZDF neo; Marmor hat dabei den Trumpf in der Hand, dass die Medienpolitik, die von den öffentlich-rechtlichen Anstalten bis Ende April ein gemeinsames Digitalsender-Konzept erwartet, dieses Programm unterstützt.

Das Zweite kündigte am Mittwochnachmittag für die nächsten Tage „ein fortgeschriebenes Konzept“ der ZDF-Digitalstrategie an und gab zugleich erste Bestandteile bekannt. Grundsätzlich stehe das ZDF dem Projekt eines gemeinsamen Jugendkanals aufgeschlossen gegenüber. „Voraussetzungen für einen Jugendkanal sind aus Sicht des ZDF eine klare Beauftragung durch die Bundesländer, eine ausreichende Finanz- und Personalausstattung und eine Öffnung des Telemedienangebots“, hieß es in der Mitteilung.

Zugleich erneuerte das Zweite seine Anregung, alternativ über eine einfachere Aufgabenverteilung nachzudenken. Danach könnte die Zielgruppe der Jugendlichen mit einem Kanal der ARD versorgt werden, die mit ihren jungen Hörfunkwellen bereits über entsprechende Strukturen und Kompetenzen verfügt, die beim ZDF so nicht vorhanden seien. „Das ZDF dagegen liefert im Sinne dieser Aufgabenteilung mit seinen erfolgreichen digitalen Informations- und Unterhaltungsangeboten ZDFneo und ZDFinfo ein öffentlich-rechtliches Angebot“, das stärker die mittleren Altersgruppen anspricht.

Marmor hatte diese ZDF-Ideen als „künstliche Abgrenzung“ bezeichnet. Formate und Moderatoren beispielsweise könnten wie bei Kika oder Phoenix auch in gemeinsamen Programmen auf ihre ZDF-Tauglichkeit getestet werden. Er wies den Vorwurf zurück, die ARD wolle sich beim ZDF, das mehr in die digitalen Kanäle investiert habe, bedienen. Die ARD wolle dem ZDF kein Konzept „überstülpen“. Die Überlegungen stünden am Anfang, ebenso stehe das Gesprächsangebot an das ZDF. Joachim Huber

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false