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Medien: Ein Schritt vor, zwei zurück

Monopolkommission lehnt Pläne zur Pressefusionskontrolle ab / Clement modifiziert Entwurf

In eigenem Ermessen hat die Monopolkommission am Montag ein Sondergutachten veröffentlicht. Darin kritisiert das vierköpfige Gremium erneut die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), die Regeln für Pressefusionskontrollen zu lockern. Die Kritik richtet sich gegen Überlegungen, die zum Teil längst vom Tisch sind.

Zurzeit befindet sich Clements Referentenentwurf in der Ressortabstimmung mit anderen Ministerien und Verbänden. Geplant ist, das Gesetz Ende April / Anfang Mai ins Kabinett zu bringen, so dass die Novelle im Herbst in Kraft tritt. Das neue Gesetz hat einerseits zum Ziel, sich nach drei Jahrzehnten an die Veränderungen auf dem Medienmarkt anzupassen. Zum anderen geht es darum, die Vielfalt der Presse zu sichern: Bevor ein Verlag aus Kostengründen die Redaktion seiner Zeitung ausdünnt, ganz verkauft oder das Blatt gar einstellt, soll er leichter als bisher mit einem anderen Zeitungshaus fusionieren und so Kosten auf Verlagsseite sparen können. Das soll auch für Fusionen von Verlagen benachbarter Zeitungen gelten, die dadurch gemeinsam eine marktbeherrschende Position erhalten würden – jedoch nur, wenn gewährleistet ist, dass Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Redaktionen gewahrt bleiben.

Nach gültigem Recht untersagte das Bundeskartellamt zuletzt die Übernahme der „Berliner Zeitung“ durch die Verlagsgruppe Holtzbrinck, der der Tagesspiegel gehört.

Im Wesentlichen kritisiert die Monopolkommission drei Punkte: Erstens geht es um die Aufgreifkriterien, nach denen die Fusion zweier Verlage beim Kartellamt künftig nicht mehr anmeldepflichtig sein sollen. Hier tendiert die Monopolkommission zu Clements „vertretbarer“ Erhöhung und lehnt die radikalere Variante der Zeitungsverleger ab. Letztere würde „den Spielraum für unkontrollierte Zeitungsübernahmen unangemessen erweitern“, heißt es im Gutachten.

Zweitens geht es um die so genannte Altverlegerklausel, wonach der bisherige Verleger nach der Fusion mit mindestens 25 Prozent beteiligt bleibt und weitgehende Rechte behält Dieser „Ausnahmetatbestand“ würde nach den Vorstellungen von Clement und den Verlegern dazu führen, dass trotz Marktbeherrschung die publizistische Vielfalt erhalten bliebe. Dies lehnt die Monopolkommission „entschieden“ ab: „Die Gesetzesänderung ist geeignet, das Gegenteil von dem zu erreichen, was als Ziel angegeben war.“ Dies könnte nämlich „zu erheblichen Konzentrationen im Pressewesen führen“ und als Folge zu einer Ausdünnung der publizistischen Vielfalt sowie zum Rückgang von Beschäftigungsmöglichkeiten von Journalisten. Die Monopolkommission begründet das mit der Annahme, dass Alt- und Neuverleger letztlich doch nur in den Redaktionen sparen und die Meinungsvielfalt beschränken würden. Zwar räumt die Monopolkommission ein, dass die „publizistische Differenzierung“ von Zeitungstiteln „eine gewinnbringende Unternehmensstrategie“ sei. Dennoch ignoriert sie dies, wenn sie unterstellt, dass der Altverleger nicht in der Lage sei oder kein Interesse daran habe, die publizistische Selbstständigkeit zu garantieren. Um diesen „Strohmann“-Verdacht auszuräumen, diskutieren Wirtschaftsministerium und Verbände seit Wochen eine so genannte „Missbrauchsklausel“, die den im Dezember vorgelegten Gesetzesentwurf ergänzen soll.

Drittens empfiehlt die Monopolkommission in ihrem Sondergutachten, die Anforderungen an eine Sanierungsfusion großzügiger zu interpretieren. Damit einher geht die sehr theoretische Annahme, Verleger würden Zeitungen ohne wirtschaftliche Notwendigkeit verkaufen. Auch in diesem Punkt bleibt eine Klausel unberücksichtigt, die Clement mit den Verbänden gerade diskutiert. Sie soll verhindern, dass Großverlage Regionalzeitungsketten bilden. So sollen die Verlage nachweisen, dass sie dauerhaft Einbußen erleiden und keine Besserung in Sicht ist.

Weiterhin berücksichtigt das Sondergutachten nicht, dass das so genannte Stiftungsmodell, wonach ein dem Rundfunkrat vergleichbares Gremium über die publizistische Unabhängigkeit einer fusionierten Zeitung wacht, ebenso längst vom Tisch ist wie eine verfassungswidrige laufende Verhaltenskontrolle durch das Bundeskartellamt, um die redaktionelle Eigenständigkeit einer Zeitung sicherzustellen. Und schließlich kritisiert die Monopolkommission, dass in Clements Gesetzesentwurf die Rede ist vom Schutz der selbstständigen publizistischen Einheiten. Mittlerweile wurde dieser Begriff in der Debatte durch „redaktionelle Einheit“ ersetzt um zu verdeutlichen, dass es um den Erhalt der Redaktionen geht. Es soll verhindert werden, dass Inhalte eingekauft oder zentral hergestellt werden.

Unberücksichtigt lässt die Monopolkommission die Folgen, die das geltende Recht ermöglicht – nämlich Kosten einzusparen, in dem Redakteure entlassen und stattdessen Agenturmeldungen gedruckt werden. Eine Maßnahme, die publizistische Vielfalt gerade nicht sichert, aber realistisch ist, wenn auf Verlagsseite keine Kosten gespart werden können. Stattdessen konstruiert die Monopolkommission die Vermutung, Verlage könnten eine Zeitung zukaufen, um dann die eigene alte eventuell später einzustellen – weshalb das Gremium Regeln fordert, um die publizistische Selbstständigkeit der im Besitz befindlichen Blätter zu schützen.

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