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Einwechslung des Ashton Kutcher: Nackig gemacht

„Two and a Half Men“ reloaded: Ashton Kutcher versucht erst gar nicht, Charlie Sheen zu ersetzen. Der nimmt seinen Rauswurf inzwischen mit Humor.

Frage: „Wie viel Koks kann Charlie Sheen ziehen? So viel wie zweieinhalb Männer!“ Nein, es war sicher kein Zufall, dass der US-Sender Comedy Central seine Beleidigungsgala „The Roast of Charlie Sheen“, in der der Schauspieler mit Witzen wie diesem traktiert wurde, an genau dem Abend ins Programm hob, an dem auch die neue Staffel der Sitcom „Two and a Half Men“ Premiere feierte. Und so wurde am Montagabend genüsslich auf den Drogen-, Sex- und Beleidigungseskapaden herumgeritten, die Charlie Sheen die Rolle des Playboys Charlie Harper in der zeitweise meistgesehenen Comedyserie der USA gekostet hatten.

Streng genommen aber hatte Charlie Sheen, als er sich tapfer durch das Trommelfeuer der Zoten grinste, das Schlimmste bereits hinter sich. Denn auch die erste Folge der inzwischen neunten Staffel von „Two and a Half Men“, die zuvor auf CBS ausgestrahlt wurde, war eine Abrechnung – mit seinem Charakter, aber fraglos ebenso mit ihm.

Die Folge war mit Spannung erwartet worden. Sie war die erste ohne Sheen und die erste mit seinem Nachfolger Ashton Kutcher. Die Geschichte setzte ein mit Charlies Beerdigung. Sein Bruder Alan hält die Grabrede, wird aber dauernd unterbrochen, weil die Mehrzahl von Charlies ehemaligen Liebschaften nicht trauern, sondern auf den Sarg spucken will. Nach fünf Minuten ist alles, was von Charlie bleibt, das Bild eines drogenkranken, verschuldeten, Geschlechtskrankheiten verbreitendem Perversen.

Als Charlies Witwe – die ihn mutmaßlich in Paris vor die U-Bahn schubste, nachdem sie ihn mit einer anderen Frau erwischt hatte – erzählt, sein Körper sei explodiert „wie ein Ballon voller Fleisch“, kommentiert Charlies Neffe Jake das mit den Worten: „Ich habe Hunger.“ Geschmacklos? Sicher. Aber dafür wurde die Sendung ja von Millionen weltweit geliebt. Diesmal jedoch nicht. So dürfe man nicht mit Charlies Erbe umgehen, wüteten schon während der Fernsehausstrahlung am Montagabend tausende US-Amerikaner im Netz.

Für Fans muss das tatsächlich ein Kulturschock gewesen sein, was da in rund 30 Minuten Sendezeit passierte: Nach der Beerdigung sucht Alan einen neuen Käufer für Charlies Haus, das er alleine nicht bezahlen kann. Plötzlich steht Walden Schmidt (Ashton Kutcher) vor dem Fenster, ein liebeskranker Internetmilliardär, der sich gerade ertränken wollte. Alan erschreckt sich bei dem Anblick so, dass er die Urne fallen lässt und die Überreste seines Bruders im wahrsten Sinne des Wortes zerstäubt (ja, das darf symbolisch verstanden werden). Alan und Walden gehen in eine Bar, am nächsten Morgen erklärt der Besuch, das Haus kaufen zu wollen.

Das Urteil der Fans fiel hart aus: „Das ist wie ,Queen’ ohne Freddy, ,Jackson 5’ ohne Michael“ war noch einer der netteren Kommentare auf der Facebook-Seite von „Two and a Half Men“. Ein anderer erklärte geradeheraus: „Ich glaube, das war jetzt die letzte Staffel. Großer Scheiß!“

An einem Mangel an Pups- und Peniswitzen kann die Ablehnung nicht gelegen haben. Allerdings lässt sich nicht wegdiskutieren, dass sich die Sendung, die bisher vor allem auf dem Konflikt zwischen dem erfolgreichen Aufreißer Charlie und dem verkrampften Loser Alan aufbaute, grundsätzlich gewandelt hat. Charlie war freudvoll promisk, Walden weint „der Liebe seines Lebens“ hinterher. Charlie trank gerne, Walden mag keinen Alkohol. Charlie trug geschmacklose Hemden, Walden sieht aus wie einer hippen Jeansreklame entstiegen – wenn er nicht gerade nackt durch die Wohnung läuft. Kurz: Ohne Charlie fehlt Alan ein Gegenüber.

Um zu verstehen, was das bedeutet, muss man sich vorstellen, Homer würde bei den Simpsons aussteigen und Marge einen sportlichen Dramatiker heiraten. Kein Wunder, dass die Fans der Serie verstört sind – auch wenn die Autoren sich am Ende eine Tür offen gelassen haben, als Walden mit zwei Frauen im Bett landet, während Alan wieder mal leer ausgeht.

Wer sich vorbehaltlos auf den neuen Ansatz einließ, musste allerdings anerkennen, dass er ein paar nette Szenen serviert bekam: den zur Urne sprechenden, an Hamlet erinnernden Alan beispielsweise oder den Auftritt der Protagonisten aus der Sitcom „Dharma und Greg“ als Interessenten für das Haus.

Alle Nichtfanatiker könnten die Sache ganz pragmatisch betrachten. „Im Bezug auf die Qualität war ,Two and a Half Men’ schon immer eine dieser Mittelfeldserien, die ein paar verlässliche Lacher liefert und bei denen man sich am Ende nicht komplett dafür hassen muss, dass man sich hat einlullen lassen“, sagt Steve Johnson, Kulturkritiker bei der „Chicago Tribune“. Diese Show sei schlicht „professionelles Showbusiness, mit all der harten Arbeit und dem Fehlen von Inspiration, das damit einhergeht.“

Wenn man das so sieht, hat sich in der kalifornischen Männer-WG weniger geändert, als es zunächst den Anschein hat. Vielleicht steht also mitnichten der Tod der Serie vor der Tür – sondern nur ein neues Publikum. Die Kutcher-Premiere verfolgten 28 Millionen US-Zuschauer, eine sensationelle Quote und mehr als eine Verdopplung der Zuschauerzahl gegenüber dem Staffel-Start 2010. In Deutschland werden die Kutcher-Folgen erstmals 2012 zu sehen sein. Wann genau, kann ProSieben noch nicht sagen.

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