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Alte Freunde

© ZDF

Fernsehen: Rock’n’Roll, das war mal

„Alte Freunde“: Eine Clique beschwört die Vergangenheit und scheitert an der Zukunft. Jürgen Vogel brilliert als Melancholiker.

Der Plot ist alt: Eine Truppe Jungs, für Optik und Erotik auch ein Mädel dabei, kennt sich von der Schule her und trifft sich eine Epoche später wieder. Was ist aus den Freunden geworden? Einer ist reich, so scheint es wenigstens, ein anderer Künstler, der dritte mit einem Brotberuf zufrieden. Und einer ist in die Welt hinausgezogen, man weiß nicht, ob er noch kommt. Und so weiter. Meist gibt es eine Menge Rückblenden, und schmerzhafte Wahrheiten, über Jahre und Jahrzehnte unterm Teppich gehalten, treten ans Licht.

„Alte Freunde“ ist genau so eine Art Film, setzt aber noch einen drauf und verzahnt das Melodram mit dem Thriller. Diese alten Freunde nämlich sind trotz ihres Ehrgeizes mehrheitlich ins Prekariat abgerutscht. Der (scheinbar) Reiche (Robert Schupp) besitzt zwar ein Juweliergeschäft mit ansehnlicher Diamantenreserve, aber der Künstler (Jürgen Tonkel) ist hoch verschuldet, und dass die tolle Maggie (Marie Bäumer) ihm gehört, ist auch kein Trost, denn sie liebt ihn nicht mehr.

Zum Trupp gehört auch noch ein Polizist (Oliver Breite), und als dessen Kollege den Vierten im Bunde, eine Mutprobe missverstehend, über den Haufen schießt, ist der Anlass für eine Wiedervereinigung gekommen. Zur Beerdigung erscheint auch der einzige Freund, der dem Provinznest den Rücken gekehrt hat, ein müde gewordener Abenteurer namens Chris (Jürgen Vogel), der zwei Gründe hat, erst einmal zu bleiben: die Liebe (Maggie!) und ein Coup, in den die Kumpels ihn reinziehen. Der Juwelier soll um seine edlen Steine erleichtert, das Blatt gewendet und die Partie des Lebens mit neu verteilten Trümpfen noch mal begonnen werden. Chris soll den Toten ersetzen, denn auch er besitzt eine Qualifikation, die beim Einbruch und bei der Flucht danach gebraucht wird: Er fährt verteufelt gut Motorrad.

Natürlich läuft es nicht rund, die alten Freunde legen einander wechselseitig rein, und die schöne Maggie vergisst ihre Moral, dank derer sie zum Künstler gehalten hat. Friedemann Fromms Regie setzt auf hartes Tempo, nimmt sich dabei aber doch die Zeit für tiefe Blicke und spannungssteigernde Fermate. Das Buch, auch von Fromm verfasst, verdient Respekt, da die Kniffel-Handlung aufgeht und die Dialoge stimmen.

Jürgen Vogel in der Rolle des Heimgekehrten, aus dessen Perspektive die Geschichte streckenweise erzählt wird, brilliert als Melancholiker mit Vergangenheit und fantastischem Gleichgewicht auf dem „Bock“ (=Motorrad), Marie Bäumer als Klassefrau, die viel zu sexy ist für diese lausige Provinz und alle Männer verrückt macht. Aber auch das Ensemblespiel überzeugt in diesem ZDF-Fernsehfilm; jeder ist irgendwann des Alleingangs oder Verrats verdächtig beim Brillanten-Coup, und so bricht das Misstrauen massiv ein in diesen Ring vertrauter Kameraden, den eine gemeinsame Jugend geschmiedet hat. Aber so ist das, wenn das Leben weitergeht und sich die Wege von Freunden trennen. „Wir müssen reden“, sagt der Polizist, „zur Abwechslung mal ganz offen und ehrlich, so wie früher“. Doch auch das mit der Ehrlichkeit von früher ist, wie die Erinnerung und ein altes Video zeigen, nur eine fromme Lüge der Nostalgie.

„Alte Freunde“, ZDF, heute um 20 Uhr 15

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