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Fernsehkritik: Harald Schmidt übernimmt, Oliver Pocher übernimmt sich

Ausgerechnet die letzte Folge war die beste. Und das lag vor allem an einem von zweien. Matthias Kalle über Oliver Pochers Abschied von Harald Schmidt.

Zwei Jahre haben sie dafür gebraucht, und sie mussten auch erst einsehen, dass das mit ihnen nicht funktioniert, und vielleicht muss man erst einmal so frei sein, um dann diese Leistung abzurufen. Jedenfalls war diese Stunde „Schmidt und Pocher“, die gestern in der ARD lief, eine Art versöhnlicher Abschied.

Das war das Verdienst von Harald Schmidt, der quasi wieder übernommen hat, Pocher war wie ein Gast in seiner eigenen, letzten Sendung, was vor allem daran lag, dass er von Schmidt permanent ausgefragt wurde über Details zu dem Vertrag, den Pocher mit Sat.1 nun hat – der Privatsender zeigt ab Herbst die Show des Mannes, der sich neben Schmidt zur Witzfigur entwickelt hat.

Und in diesem Gespräch über Geld, Sendeplätze und Quoten bewies Schmidt all seine Könnerschaft: Zum einen gibt es wohl doch kaum einen Moderator, der so genau weiß, wie das Fernsehen funktioniert wie Schmidt – es war eine Freude dabei zuzuhören, wie er dem Freitag als Fernsehtag die Berechtigung entzog. Es war vor allem aber eine Freude zu sehen, wie Oliver Pocher von Sekunde zu Sekunde unsicherer wurde, wie er um Worte und Erklärungen rang, und vielleicht dachte er da, dass er mit Schmidt vielleicht mal hätte reden sollen in den vergangenen zwei Jahren.

Als Pocher gestern sagte, er habe versucht Schmidt anzurufen, um ihm persönlich die Lage der Dinge zu erklären, sagte er, Schmidt sei da aber in einem Funkloch gewesen. Schmidt sagte, nee, er habe Pochers Namen auf dem Display gesehen und dann weggedrückt.

Überhaupt war die gestrige Sendung eine einzige Beweisführung Harald Schmidts: Keiner kann es, nur ich, ab September mehr. Ansätze waren zu erkennen. Er wirkte munter, konzentriert, immer auf der Höhe. Pocher hingegen wirkte unsicher, bemühte sich dann und wann einzustreuen, dass er sich mit Schmidt ja immer verstanden habe, worauf Schmidt meinte: „Natürlich!“, und den Zusatz „Ich mich aber nicht mit Dir“, einfach wegließ.

Sein altes Team scheint ähnlich befreit zu sein: Ralf Kabelka brillierte mal wieder als Dr. Udo Brömme, Peter Rüttens Einspielfilme nehmen an Rasanz zu. Die ganze Sendung wirkte wie ein Versprechen, dass im September, zwei Wochen vor der Bundestagswahl, wenn Schmidt wieder alleine zurück ist, eingelöst wird.

Für alle, die diese ganze Pocher-Geschichte eh nie so ganz verstanden haben und im besten Fall noch als Riesen-Gag von Harald Schmidt ansahen, war diese letzte Folge Hochamt. Am Ende, nachdem das Berliner Ensemble des Musicals „The Producers“ das Stück „Frühling für Hitler“ gaben, herrschte dann die Art von Anarchie, zu der nur Schmidt, niemals aber ein angepasster Possenreißer wie Pocher fähig ist: Er verkündete das Ende des Sendebetriebs der ARD, das Logo wurde eingeblendet, danach das Testbild. Aus, Schluss, vorbei. Zum Glück.

Als Pocher einmal sagte, er würde das Beste aus der Sendung mit zu Sat 1 nehmen, sagte Schmidt: „Wieso? Ich bleibe doch.“ Und wir Zuschauer, wir bleiben auch.

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