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Auf und Ab. Investmentbankerin Jana Liekam (Paula Beer) sucht die berufliche Herausforderung. Mit Rückschlägen muss sie rechnen, mit Tiefschlägen wird sie konfrontiert.

© Arte

Fernsehserie "Bad Banks": Geld ist nichts. Aber viel Geld?

„Bad Banks“: Die sechsteilige Serie von Arte und ZDF durchleuchtet das flirrende System der Finanzwelt. Im Zentrum steht das Duell zweier Frauen.

2008, auf dem Höhepunkt der Finanz- und Bankenkrise traten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück vor die Kameras: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“

Ein Schauspiel? Kalmierend auf jeden Fall und für die Produzentin Lisa Blumenberg der Trigger. „Ich wollte wissen, wer diese Banker sind und was das mit uns zu tun hat. Ich wollte in die ,Maschinenräume' des Investmentbankings, wo die globalen Geldflüsse angeheizt werden.“ Sie recherchierte, sie agitierte und sie fand in ZDF und Arte zwei Partner, die sich für die Entwicklung und Produktion dieser Serie begeisterten: „Bad Banks“, sechs Folgen à 52 Minuten.

Geld aber erzählt nicht, es muss erzählt werden. Das geht nur mit Menschen, die den Blutkreislauf der globalen Finanzwirtschaft aufrechterhalten. Headautor Oliver Kienle hat zusammen mit Jana Burbach und Jan Galli im Writer's Room die Figurenaufstellung besorgt. Die junge, ehrgeizige Investmentbankerin Jana Liekam (Paula Beer) steht quasi vor dem Nichts, als ihr Arbeitgeber, eine internationale Großbank in Luxemburg, sie rausschmeißt. Zu Unrecht, aber einer/eine musste nach einem missglückten Geschäft gehen. Luc Jacoby (Marc Limpach) konnte es nicht sein, er ist der Sohn vom Chef. Unerwartete Hilfe kommt von der mächtigen Investmentbankerin Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch), die Jana zu einem Job bei der Deutschen Global Invest verhilft. Jana lässt Freund Noah (Jeff Wilbusch) und dessen Tochter in Luxemburg zurück.

Geben und Nehmen, Betrug und Betrogen-Werden

Leblanc versorgt sie mit Geheimtipps, so soll das milliardenschwere Stadtentwicklungsprojekt Leipzig 2025 um ein Jahr vorgezogen werden. Es ist das Herzensprojekt des schwerkranken Bürgermeisters Peter Schultheiß (Jörg Schüttauf). Jana Liekam überschreitet die rote Linie, als sie ihrem Chef, dem charismatisch-cholerischen Gabriel Fenger (Barry Atsma), ihr Insiderwissen mitteilt. Liekam und ihr Team sollen sich sofort an ein Angebot machen, das Schultheiß nicht ablehnen kann. Jetzt fordert Christelle Leblanc eine Gegenleistung. Dieses Schachspiel aus Geben und Nehmen, aus Betrug und Betrogen-Werden wird sich wiederholen, zu immer größerer Eskalation kommen, Verluste und Verlierer generieren und mit dem Finale nur einen vorläufigen Schlusspunkt finden. Von Matt kann keine Rede sein.

„Bad Banks“ lässt den Zuschauer den Mechanismus der Bilanzen und Derivate spüren, von ferne grüßen „The Wolf of Wall Street“ oder „The Big Short“. Aber es ist nicht der Mechanismus, der besticht. Bei aller Bedienungsanleitung für das strukturierte Finanzprodukt rückt die Serie die Menschen ins Zentrum. Sie sind mal weniger, mal mehr so toxisch wie die Papiere im ungebändigten System. Den Einzelnen treiben nicht nur Gier und Geld, er sucht, was andere suchen: seinen Wert, seinen Selbstwert in Zahlen, der tiefe Wunsch, wichtig zu sein. Sie sind extremer, die Banker, die Moral wird tiefer gehängt, weil die Ansprüche immer höher steigen. Überhaupt, ein Geschäft, das legal ist, das ist auch moralisch. Da sind keine Extraterritorialen am Traden, sondern Extreme, die für ihren physisch und psychisch sehr hohen Einsatz Gratifikation erwarten. „Bad Banks“ bildet die Leistungsgesellschaft im XXL-Format ab; Klischees über die „Banker“ sind integriert, wie sie im Banker implantiert sind.

Die Story ist so komplex wie die Figuren, die Autoren haben nur bei den Beziehungs- und Familienhintergründen geschludert. Christelle Leblanc hat einen Sohn, den sie in ihrer Unfähigkeit zu Zuneigung und Wärme gerne mal ohrfeigt, wenn er Leistungsbereitschaft verweigert. Das Vater-Sohn-Verhältnis der Jacobys knistert nach Papier, und Janas Lebensgefährte steigt mit seiner alten neuen Flamme wieder in die Badewanne.

Lässlichkeiten, denn da sind die Zentralfiguren. Paula Beer formt ihre Bankerin aus Intellekt und Emotion, ihre Jana Liekam ist auf dem Weg zur Persönlichkeit, der der Zuschauer beim Entwickeln zusehen kann. Sie lernt das Spiel der Macht, sie nutzt das Gelernte, sie ist ein Zauberlehrling. Paula Beer lässt ihre Figur mal auf die, dann wieder auf die andere Seite schwanken – und hält sie doch im Innersten zusammen. Das Interesse richtet sich auf diese Figur. Es sieht nach einem Paula-Beer-Jahr aus.

Krieger des Investment-Bankings

Gabriel Fenger passt millimetergenau ins Passepartout des Bankers: skrupellos, vital, ein Krieger des Investment-Bankings und bestechend ehrlicher Menschenschinder. Er wird Janas Mentor. Der Niederländer Barry Atsma skizziert seine Figur scharfkantig, muskelhart, Antithese. Er stellt das größte Fragezeichen auf: Warum finden Menschen im Geld ihr Glück? Nicht nur Fengers, alle Rollenbilder härten über die sechs Folgen aus.

„Bad Banks“ ist bei Buch, Inszenierung und Schauspiel raffiniert genug, Handlung und Handelnde so zu rhythmisieren, dass der Zuschauer ständig hin und her gerissen wird. So und nur so kann horizontales Erzählen Spannungsfernsehen und soghaftes Interesse generieren.

Christelle Leblanc hat übrigens ihre Antwort nach dem Sinn im Wahnsinn schon dadurch gefunden, dass sie die Frage gar nicht mehr stellt. Désirée Nosbusch kühlt die frühere Geheimagentin zur Eiskönigin runter. Menschen sind Material, das geformt werden muss. Gefühle sind vielleicht Gefühlsausbrüche wert, realiter verhindern und behindern sie das Geschäft. Die Nosbusch spielt das famos, wenn sie ihren pelzbesetzten Mantel zur Rüstung um den Körper zieht. Irgendwie hatte wohl keiner mehr Désirée Nosbusch auf dem Schirm, warum nicht, bei dieser schauspielerischen Kapazität?

Erkennbar fasst Regisseur Christian Schwochow („Der Turm“, „Paula“) die Frauenfiguren mit größerer, mit individuellerer Intensität in den Blick. Vielleicht, weil sie in den oberen Etagen der Geldkathedralen noch die Ausnahmen von der männlichen Regel sind, sich in ihnen die Aufstiege und Aussichten, die Amplituden und Abgründe besser exemplifizieren lassen. Denn das ist Schwochow bei all den Visualisierungen (Kamera: Frank Lamm) von Grau und Blau in Exterieur und Interieur ein formidabel umgesetztes Anliegen: Der Banker verdient es, verstanden zu werden. Wenigstens in seiner eigenen Wirklichkeit.

„Bad Banks“, Arte, 1. März, 20 Uhr 15, (Folgen 1- 4), 2. März, 20 Uhr 15 (Folgen 5/6); ZDF, 3. bis 5. März, jeweils zwei Folgen. Alle Folgen vorab in den Mediatheken von ZDF und Arte.

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