zum Hauptinhalt
Der Tiger oder Was Frauen lieben!

© HR

Film: Untreu bis in den Tod

Niki Stein liefert eine köstlich übertriebene Beziehungskomödie mit überraschendem Ende ab. Motto: Das Buhlen der Männer um die Frauen dauert ewig an.

Den günstigsten Zeitpunkt zum Sterben mag es nicht geben, aber wenn einen schon ein geplatzter Autoreifen aus der Kurve trägt, sollte man es machen wie Simone (Katharina Müller-Elmau). Schwer verletzt bittet sie im Krankenhaus den Ehemann um eine letzte Ehrlichkeit: „Franz, hast du mich jemals betrogen?“ Franz (Herbert Knaup), der gerade von einem recht körperbetonten Treffen mit Hannah (Susanne Lothar) herbeigeeilt ist, beteuert nachdrücklich: „Nie!“ Worauf Simone entgegnet: „Aber ich“ – und diese Welt sofort darauf verlässt. Der verblüffte Franz bleibt auf seiner Frage „Mit wem denn?“ vorerst sitzen. Geschieht ihm recht.

Es ist eben alles eine Frage des Timings, besonders in Komödien. Niki Stein („Der große Tom“, „Die Konferenz“) ist in den vergangenen 20 Jahren bisher nicht als Autor und Regisseur komischer Stoffe in Erscheinung getreten. Eigentlich schade, wenn man zumindest weite Strecken seines Fernsehfilms „Der Tiger oder Was Frauen lieben!“, den das Erste am Mittwoch zeigt, zum Maßstab nimmt. Das ewige Spiel zwischen Männern und Frauen, die an Liebe, Sex und Treue scheitern, treibt Stein mit Vergnügen ins Groteske. Manchmal darf es auch etwas klamaukig sein, warum nicht, wenn so eine urkomische Darstellerin wie Susanne Lothar vor der Kamera steht. Ihre Hannah, Autorin von bedeutenden Ratgeberbüchern wie „Die Treuefalle“, treibt es mit ihrem Lektor Franz augenrollend und referiert dabei die eigenen Thesen. Simones letzte Worte hält sie nicht für wahr, sondern für eine „brillante Rache“ an Franz. Doch da irrt sie sich, mit Männern kennt sich die ulkige Dame besser aus als mit dem eigenen Geschlecht.

Was ist ihr Fehlurteil jedoch gegen die tollpatschigen Versuche des naiven Ehemanns, hinter das Geheimnis seiner Frau zu kommen – eine Paraderolle für Herbert Knaup, dessen Franz sich selbst mit sympathischer Entschlossenheit bis zur Lächerlichkeit entblößt. Dabei stellt sich vor allem heraus, dass Franz zuletzt nur noch wenig Anteil am Leben Simones und der beiden Kinder nahm. Er weiß so gut wie nichts, der Film seziert mit lauter hübschen Bosheiten das Desinteresse eines lange verheirateten, beruflich erfolgreichen Ehemannes. Einen Liebesbrief in Simones Schreibtisch hält er erst einmal für den Nachweis einer Affäre, ehe er seine eigene Unterschrift erkennt. Und dass sich die Pin-Nummer für das Handy seiner Frau auf das Geburtsdatum seines Sohnes bezieht, darauf wäre er alleine auch nicht gekommen. Franz ist ein Egoist und Heuchler, der umso empörter den Grund seiner verletzten Eitelkeit herausfinden möchte.

Beim Begräbnis taucht ein anderes Klischee – der Tiger im Manne – höchstpersönlich auf. Ben Becker gibt einen kriminellen Proll mit Putzfimmel, der in einer Villa in Spanien residiert. Im Gegensatz zum intellektuellen Franz weiß er mit den Frauen umzugehen, verteilt Handküsse und romantische Komplimente und merkt sich die Lieblingsblumen. Dass gerade sein machohaftes Auftreten die Fantasie der Frauen anregt, bleibt freilich Behauptung. Den erfüllten Tigersex müssen sich die Zuschauer(-innen) dazudenken, vielleicht weil es ihn auch nur in der Fantasie gibt.

Niki Steins Figuren benehmen sich wunderbar übertrieben, doch wenn beide Männer-Typen aufeinanderprallen, wenn der Franz mit dem Tiger in eine Verfolgungsjagd gerät und Ben Becker den dicken Max markiert, ist das nur noch bedingt komisch. So lässt der Film in der zweiten Hälfte nach, um am Ende noch einmal aufzutrumpfen: Mit der überraschenden Pointe, dass vielleicht doch die unscheinbarsten Männer die erfolgreichsten Liebhaber sind, einem westernartigen Showdown und einem märchenhaften Finale, das man, je nach Stimmungslage, als optimistisch oder pessimistisch bezeichnen könnte: Das Buhlen der Männer um die Frauen dauert ewig an.

Mittwoch, „Der Tiger oder was Frauen lieben!“; ARD, 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false