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Medien: Freiheit vor Sicherheit

Drei-Punkte-Programm zum Schutz von Journalisten

Die Durchsuchungen, Beschlagnahmungen, Observierungen und Telefondatenüberwachungen bei Journalisten rufen die Verleger auf den Plan. Angesichts der jüngsten Vorfälle, bekannt geworden unter den Namen „Cicero-Affäre“, „BND- Skandal“ und „Lauschangriff in Sachsen“ stellt der Verband deutscher Zeitschriftenverleger drei Forderungen an die neue Bundesregierung. Geschäftsführer Wolfgang Fürstner sagte: „Die Pressefreiheit wird uns nicht von einer Regierung gewährt“, sie sei „ein Grundrecht der freien Gesellschaft“. Dies „müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen“.

Die Forderungen: Erstens müsse der Straftatbestand der unbefugten Offenbarung von Dienstgeheimnissen geändert werden. „Recherchejournalismus darf nicht länger als Beihilfe zum Dienstgeheimnisverrat kriminalisiert werden,“ sagte Fürstner. Zweitens müsse die Strafprozessordnung so ergänzt werden, dass der Quellenschutz vor staatlichem Zugriff gesichert ist. Dies gelte für Telefongespräche und jegliche Formen elektronischer Kommunikation. Drittens müsse die von der EU geplante flächendeckende Vorratsspeicherung von Telefondaten verhindert werden.

Passend dazu berichtete „Cicero“-Chefredakteur Wolfram Weimer von den Auswirkungen der Durchsuchungen und Beschlagnahmungen im Fall von Bruno Schirra. Der Autor und Weimer selbst stehen im Verdacht zur Beihilfe einer Straftat. Es geht um die 1936 eingeführte Straftat des Dienstgeheimnisverrats. Danach gilt es nicht nur als Straftat, wenn Behördenvertreter in Verletzung ihrer Pflicht mit Journalisten reden. Veröffentlicht der Journalist die Informationen, macht auch er sich einer Straftat schuldig: der Beihilfe des Dienstgeheimnisverrats. Dies wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Behörden Zugang zu den üblicherweise von Beschlagnahmungen ausgenommenen Redaktionen verschaffen können. „Cicero“-Anwalt Alexander Ignor sieht Anzeichen dafür, dass der Tatverdacht in diesem und anderen Fällen von Behörden nur konstruiert ist, um die Informanten von Journalisten zu entlarven. Ignor hat daher Beschwerden beim Landgericht Potsdam eingereicht. Mit einer Entscheidung könne noch in diesem Jahr gerechnet werden. Um die Rechtslage zu klären, sagte Weimer, werde man auch den Gang vors Bundesverfassungsgericht antreten.

Der 11.9.2001 sei die Zäsur gewesen, sagte Weimer. Seither werde der journalistische Freiraum spürbar eingeengt, seither gelte „im Zweifel für die Sicherheit“. Dieses Bewusstsein führe zu einer Entpolitisierung des Journalismus, denn aus Angst vor juristischen Folgen, die Zeit, Geld und Kraft kosten, würden sich Journalisten vor heiklen Recherchen scheuen. Gleichzeitig scheuten sich Blattmacher, heikle Recherchen zu veröffentlichen. Fürstner warnte: Die Vorfälle der Vergangenheit „stimmen nicht optimistisch, dass Deutschland in der jährlichen Statistik in absehbarer Zeit wieder eine Spitzenstellung einnehmen wird“. Im Vergleich zum Vorjahr ist Deutschland von Platz 11 auf 18 zurückgefallen.

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