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Medien: Fussel-Alarm

Eine neue Talkshow bei Pro 7. Charlotte Roche trifft Anke Engelke.

Eine neue Talkshow bei Pro 7. Charlotte Roche trifft Anke Engelke. Schockierend, dass die beiden im „Ladykracher“-Studio so Beckmann- und Kernermäßig ausgeleuchtet sind.

Orangefarben und überfreundlich sieht Anke Engelke aus, als hätte sie vor der Aufzeichnung in Honig gebadet. Charlotte Roche dagegen ist fast wie immer. Die Schweißflecken, die sie früher einmal bei Viva kultiviert hat, sind schon länger verschwunden. Roche benutzt jetzt Deo, weil nichts mehr von dem ablenken soll, was sie sagt, sagt sie. Aus dem gleichen Grund seien auch ihre Piercings verschwunden und der Humana-Look. Zum Glück ist ihr Lächeln noch da, das „sympathisch-freche Grinsen“. „Hier erfahrt Ihr mehr über die Moderatorin mit dem sympathisch-frechen Grinsen“, schreibt Roches neuer Sender auf seiner Homepage. Trifft dieser „Bravo“-Slang auf Roche zu? Nein. Und deswegen muss sie auf der Hut sein. Sie kann tausendmal Verträge unterschreiben, die ihr zusichern, dass sie völlig freie Hand hat, was die inhaltliche Gestaltung ihrer Sendung betrifft. Aber sie wird sich auf Dauer nicht dem Pro-7-Licht und dem aufdringlichen Pro-7-Branding entziehen können.

Das Gespräch Roche – Engelke verläuft okay, ohne nennenswerte Höhepunkte. Es wird dauernd unterbrochen von Sketchen. Obwohl Engelke sehr witzig ist, nervt es, dass der Dialog ständig zu Ende ist und wieder anfängt, und dann kommt noch die Werbung. Kurz vor dem ersten Werbeblock gibt es dann aber doch noch eine herzzerreißende Szene. Mit den Worten „Darf ich? Fussel!“ nimmt Roche Engelke mit spitzen Fingern einen Fussel vom Pullover. Anke Engelke stutzt einen Moment und sagt dann die Pro-7-Floskel „Sehr gerne“. „Sehr gerne“ ist bei Pro 7 im Moment eine Mode-Floskel. „Sehr gerne“ soll freundlich und eloquent klingen, bedeutet bei Pro 7 nichts weiter als „Das ist mir sowas von egal, ich krieg mein Geld, also mach’ doch, was du willst, und lass mich in Ruhe“.

Fazit: Charlotte Roche ist auch bei Pro 7 toll, und ihre Fragetechnik funktioniert komischerweise auch bei harmoniesüchtigem Licht. Leider kommt sie, wie die meisten guten Sachen, zu spät am Abend. Nächste Woche interviewt sie Quentin Tarantino. Das wird super. Trotzdem: Charlotte, pass’ auf!

Esther Kogelboom

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