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Medien: Genug von Talkshows

Richard Schneider moderiert heute zum letzten Mal „Profile“

Herr Schneider, heute Abend sind Sie zum letzten Mal Gastgeber bei „Profile“. Sehen Sie Talkshows demnächst nur noch im Fernsehen?

Ich musste ja immer Talkshows gucken, um mich zu informieren. Wer ist da Gast, was sagen die. Aber nach meiner Pensionierung schaue ich mir bestimmt keine mehr an.

Warum?

Was mir bei vielen Talkshows so richtig auf den Keks geht, ist diese permanente, angestrengte Heiterkeit. Alle sind gut drauf. Alle amüsieren sich wie Bolle. Biolek ist das allerbeste Beispiel. Bei den dümmsten und dünnsten Witzchen kugelt der sich doch vor Lachen und kriegt sich gar nicht mehr ein. Leider gestattet es die politische Korrektheit heutzutage ja kaum zu sagen: Ich mag den Friedman nicht als Talkmaster. Ich bekunde hiermit in aller Offenheit: Ich mag den überhaupt nicht! Ich mag nicht seine Art, ich mag nicht, wie er fragt, ich mag nicht, wie er seine Gäste behandelt. Die meisten Talkmaster nehmen sich selbst viel zu wichtig. Eine Wichtigkeit, die ihrer Rolle gar nicht zukommt.

Was ist bei „Profile“ anders?

Aufgabe der Sendung ist, das Profil eines anderen zu zeichnen. Ich betrachte mich im altmodischen Sinne als Gastgeber, dessen erste Aufgabe darin besteht, den Gast gut zu behandeln. Ich will den Gast ja zum Sprechen bringen und er soll sich wohl dabei fühlen.

Bei „Profile“ gab es nie Publikum im Studio.

Nein. Das Studiopublikum käme nicht auf seine Kosten. Es wird im Studio selbst ja nichts weiter geboten. Außerdem: Das Publikum bei vielen Talkshows kann man ohne weiteres als Klatschvieh bezeichnen. Das wird dann durch Animateure oder eine rote Lampe aufgefordert, nach Regieanweisung zu klatschen, zu johlen zu toben, dazwischen zu rufen. Was da geboten wird, kann man schon vergessen, bevor es gezeigt wird.

Wäre „Profile“ nicht eher ein Radioformat?

Natürlich, eine solche Sendung könnte man auch im Radio machen. Aber es ginge auch etwas verloren: Zu sehen, wie dieser Mann oder diese Frau reagiert. Welche Fragen sie peinigen, welche unangenehm sind. Ein schönes Beispiel ist die Sendung mit der kürzlich verstorbenen Marianne Hoppe. Es war sehr interessant zu beobachten, mit welch physischem Unbehagen sie auf bestimmte Fragen reagiert hat. Wie sie auch körperlich abweisend wurde, als die 30er Jahre angesprochen wurden, ihre Zeit mit Gustav Gründgens. Das hätte man im Radio nicht sehen können.

Die Sendung mit Frau Hoppe war ja ohnehin nicht ganz einfach.

Von Anfang an herrschte im Studio eine ganz unangenehme Atmosphäre. Sie kam als Diva, sie blockierte. Als ihr die Fragen zu lästig wurden, stand sie sogar auf und wollte das Studio verlassen. Das klappte nur deshalb nicht, weil sie mit dem Mikrofon verkabelt war. Wir mussten ihr sehr zureden und haben es geschafft, sie auf ihren Platz zurück zu bugsieren, um die Sendung mit Ach und Krach zu Ende zu bringen. Ich erinnere mich an kein zweites Gespräch, dass so schwierig und unangenehm war.

Was machen Sie nach ihrer Pensionierung?

Ich habe früher schon gern Bücher gemacht. Das werde ich wieder aufnehmen, und im Frühjahr ein Buch für den Nicolai Verlag machen. Da wird Berlin anhand von neuen und alten Fotos verglichen.

Also kein Fernsehen mehr?

Man sollte alten Dingen nicht hinterher laufen. Es gibt ja Kollegen, die es einfach nicht lassen können. Die noch über die Pensionierungsgrenze hinaus irgendwo auftauchen müssen und ihren Kopf raushängen lassen. Ich denke, das muss nicht sein. Man sollte in dem Moment aufhören, wenn die Zuschauer noch sagen: Eigentlich schade. Und nicht warten, bis jemand kom mt und sagt: Jetzt reicht es aber.

Das Gespräch führte Antje Kraschinski.

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