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Medien: Goliath verteidigt sein Territorium

Bauer-Verlag stoppt die Premiere-Zeitschrift „TV Komplett“ / Georg Kofler: „Kleinkariert, lächerlich, grotesk“

Wenn es um Programmzeitschriften geht, hört bei der Verlagsgruppe Bauer der Spaß auf. Das war schon immer so. Schließlich beherrscht der Hamburger Zeitschriftenverlag in diesem Segment 55 Prozent des Marktes. Wer den Platzhirschen angreift, muss mit heftigsten Reaktionen rechnen. Das bekommt jetzt auch Premiere zu spüren.

Für 17 Uhr 30 hatte der Pay-TV-Veranstalter am Dienstag nach Unterföhring geladen, um etwas Neues vorzustellen: eine eigene, 14-täglich erscheinende Programmzeitschrift, die an diesem Freitag erstmals erscheinen sollte und neben den frei empfangbaren auch die Programme von Premiere auflistet. Zwei Stunden vorher lud Premiere die Journalisten telefonisch wieder aus. Bauer hatte am Mittag mitgeteilt, vor dem Landgericht Frankfurt bereits am 19. September eine einstweilige Verfügung erwirkt zu haben. Grund ist der Titel des Premiereheftes. Der Name „TV Komplett“ sei „grob irreführend“, sagt Andreas Schoo, bei Bauer Verlagsgeschäftsführer aller Programmzeitschriften. Der Titel wecke beim Leser den falschen Eindruck, dass tatsächlich alle Sender dargestellt würden.

Mit den beiden 14-täglichen Zeitschriften „TV 14“ (2,185 Millionen verkaufte Exemplare) und „TV Movie“ (2,11 Millionen) gibt Bauer die beiden auflagenstärksten Fernsehhefte der Republik heraus. Daneben erscheinen im selben Verlag die wöchentlichen Titel „Auf einen Blick“ (1,72 Millionen), „TV Hören und Sehen“ (1,39 Millionen) „Fernsehwoche“ (821 000), „TV klar“ (633 000) sowie das vierwöchentliche „TVpur“ (756 000).

Premiere-Chef Georg Kofler sagte dem Tagesspiegel, von der einstweiligen Verfügung gegen sein „TV Komplett“ erst am Dienstag erfahren zu haben. Die Vorwürfe von Bauer bezeichnete er als „groteske, juristische Scheinargumente“. Er zeigte sich „empört“ über das „kleinkarierte Benehmen“ dieses „Goliath“.

Nun könnte Premiere das Blatt zwar umbenennen. Doch Kofler gibt sich eisern: „Unsere Wettbewerbslust ist erhöht, wir halten an dem Projekt einer eigenständigen Programmzeitschrift fest und werden keinen Millimeter weichen.“ Nicht äußern wollte er sich zur Frage, ob die erste Ausgabe wie geplant am Freitag zum Preis von einem Euro in den Handel kommen und den 2,7 Millionen Premiere-Abonnenten zugestellt wird. Kofler will den juristischen Kampf mit Bauer ausfechten, komme, was wolle. Das Blatt würde „99 Prozent der von den Fernsehzuschauern genutzten Sender abbilden“, alle Sender, die „mehr als 0,1 Prozent Marktanteil“ hätten, würden gelistet. Somit, sagt Kofler, erfülle „TV Komplett“ sehr wohl die Erwartungen, die der Titel weckt.

Premiere muss sich darauf einstellen, dass dieses Störmanöver nicht das letzte sein wird. Weitere rechtliche Schritte seien in Vorbereitung und würden nach Auslieferung der ersten Ausgabe eingeleitet, kündigt Bauer an. Und ist sich damit selten einig mit der Verlagsgruppe Milchstraße, die seit vielen Jahren – in den letzten jedoch nicht mehr ganz so üppig – von den Gewinnen ihrer Programmzeitschrift „TV Spielfilm“ lebt. Die Milchstraße erwirkte am Dienstag vor dem Oberlandesgericht Hamburg ebenfalls eine einstweilige Verfügung gegen „TV Komplett“ – diesem Urteil liegt dieselbe Begründung zugrunde wie dem von Bauer. 2,01 Millionen Exemplare verkauft „TV Spielfilm“ und ist der größte Konkurrent von Bauers „TV Movie“. Die beiden haben sich in der Vergangenheit oft gegenseitig verklagt. Geht es jedoch um neue Konkurrenz, halten sie fest zusammen.

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