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Medien: Harald Schmidt oder doch lieber Waldemar Hartmann?

Matthias Kalle über den

Es geht, natürlich, im Fernsehen wie im Fußball um Erwartungen, darum, wer welche hat, und darum, ob diese Erwartungen erfüllt werden. Wenn nun im Fernsehen Fußball gezeigt wird, dann steigern sich die Erwartungen ins schier Unermessliche, die Erfüllung dieser Erwartungen ist eigentlich unmöglich. Und wenn dann auch noch Harald Schmidt dabei eine Rolle spielt, der Schmidt des Sommers 2005, dann wird aus dem Zuschauer mit all seinen Erwartungen des Wahnsinns fette Beute.

Harald Schmidt also erschien auf dem Bildschirm um viertel nach elf am Samstagabend – nachdem ein wahnsinnig langweiliges Pokalfinale zu Ende ging, nachdem Gerhard Delling und Günter Netzer mit Jürgen Klinsmann geredet hatten, nachdem Franz Beckenbauer – warum auch immer – zwischen Monica Lierhaus und Franziska van Almsick stand. Und als Delling zu Schmidt abgab, der in seinem Kölner Studio an einem typischen SportmoderatorenStehtisch wartete, fragte Schmidt dann auch, wer denn „dieser sympathische ältere Herr zwischen den beiden Supermodels“ war. Um das Endergebnis vorwegzunehmen: das war der stärkste Auftritt Schmidts in der folgenden halben Stunde.

Es folgte eine Schaltung zur Schmidt- Mitarbeiterin Natalie, die auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions stand und einen Einspieler vorbereitet hatte: Natalie im VIP-Bereich mit Thomas Gottschalk. Natalie, wie sie hinter Joschka Fischer und dessen Freundin herläuft. Mhm. Zurück bei Schmidt redete er über Oliver Kahn, Franziska van Almsick, die Schiedsrichter, darüber, dass der Schalker Lincoln eine brasilianische Flagge in der Hose hatte, und er redete natürlich über die 60. Minute, als plötzlich die Sprinkleranlage auf dem Rasen anging. Sonst noch was? Ach ja: Schmidt sang rückwärts, Andrack mischte Weißbier, Pils und Berliner Weiße in ein großes Glas und trank einen Schluck, danach zeigte er in einem Einspielfilm, wie ein Übersteiger geht und ein Fallrückzieher.

Während der Sendung sagte Schmidt: „1. FC Schalke 04.“ Carmen Thomas wurde vor Jahren als Sportmoderatorin abgesetzt, weil sie Schalke 05 gesagt hatte. Der Verein heißt aber nun mal korrekt FC Schalke 04, eine „eins“ taucht in dem Namen nicht auf, aber man kann davon ausgehen, dass das für Schmidt keine Konsequenzen haben wird.

Oder doch? In einem Jahr soll Schmidt für die ARD auch die Weltmeisterschaftsspiele kommentieren, die Sendung von Samstag könnte man also als Test bewerten. Das hieße aber: Waldemar-Hartmann-Interviews sind irgendwie kurzweiliger. Man sollte aber die Sendung vielleicht eher im Zusammenhang mit der anhaltenden Kritik an Schmidt bewerten, die meint, dass der Entertainer keine Ideen mehr habe. Die Erwartungen dieser Kritiker erfüllte Schmidt am Samstag, an dem Tag, als der „Spiegel“ ein großes Interview mit ihm brachte. Auf die Kritik angesprochen, er reagiere mit einer gelangweilt wirkenden Bräsigkeit, sagte Schmidt ausweichend: „Sie hatten völlig Recht, als Sie mir und meinesgleichen Ende vergangenen Jahres diese ewige Selbstironie vorwarfen. Aber was ist die Alternative? Meine These lautet: Ohne Fernsehen und Zeitungen wäre es hierzulande gar nicht so schlimm.“

Diese These stimmt leider teilweise. Man hatte aber nie erwartet, dass Schmidt einmal Teil des Problems sein würde, wo er doch immer die Lösung war.

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