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Im Radio: Die Models und der Messias

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten.

Die junge Martha lebt allein in der großen Stadt. Ihren tristen Berufsalltag verbringt sie in einem Übersetzungsbüro. Marthas eigentliche Existenz findet in Tagträumen statt. Sie läuft in der Stadt neben wildfremden Menschen her, beobachtet sie und malt sich ihr Leben aus. Bevor der Begleitete davon etwas merkt, hat sich Martha schon einem anderen angeschlossen. Dunja Arnaszus' Hörspiel „Nebeneinander Gehen“ erzählt, wie der zarte Großstadtsingle Martha eines Tages aus den Luftschlössern der Fantasie entführt wird. Von einem Mann, der weiß, wie man träumende Elfen bändigen kann (Deutschlandradio Kultur, 19. Dezember, 21 Uhr 33, UKW 89,6 MHz).

Zurück in das Schanghai des Jahres 1990 führt Qiu Xiaolongs Krimi „Tod einer roten Heldin“. China ist ein Land im Umbruch. Einerseits noch die tief verinnerlichten Zwänge der kommunistischen Diktatur, andererseits das ungestüme Heraufdämmern einer kapitalistischen Morgenröte. Eben feiert Oberinspektor Chen den Einzug in sein Einzimmerappartement mit Kochnische, da wird er zum Fundort einer weiblichen Leiche gerufen. Die Ermordete war Leiterin einer Kosmetikfirma, Model-Schönheit und als „Heldin der Arbeit“ hoch dekoriert. Aber dann entdeckt Chen Spuren eines Doppellebens. Die sozialistische Vorzeigefrau hatte Kontakte zur männlichen Politprominenz, die äußerst anrüchig scheinen (SWR 2, 20. Dezember, 21 Uhr 03, Kabel UKW 107,85 MHz).

Goethe beschrieb die Postkutschenfahrt über den Brenner als schwindelerregendes Abenteuer. Wenn wir heute die Alpen überqueren, merken wir es nur an unserer Geldbörse. Mautgebühren werden fällig für endlose Tunnelschluchten und abenteuerlich an den Fels geschmiegte Hochbahnen. Aber nun ist Feature-Autorin Sibylle Tammin zu Fuß über das schroffe Gebirge gegangen. „Aufsteigende Gefühle anlässlich der Überquerung der Alpen“ heißt ihr Reisebericht. Wie der Titel schon verrät, geht es es um starke Emotionen, die so eine Passage weckt. Um Erfahrungen von Stille und Einsamkeit. Um die Überwindung von Grenzen und um Grenzen, die unüberwindlich sind. Um schmerzende Glieder und ein Herz, das in der Höhe plötzlich jubilieren lernt (Deutschlandradio Kultur, 22. Dezember, 18 Uhr 05).

Wer beim Warten auf den Weihnachtsmann zur Nervosität neigt, sollte Bernhard Morbach hören. Einer der besten Radio-DJs der Stadt, fabelhaft gelehrt, wunderbar meditativ. Morbachs Genre ist die Alte Musik, traditionell präsentiert er am Weihnachtsnachmittag ein Special seiner Sendereihe „Morbach live“. Weihnachtliche Musik aus Mittelalter, Renaissance und Barock, die im Jahr 2007 neu auf CD eingespielt wurde. Vielstimmiger akustischer Jubel über die Geburt des Erlösers. Natürlich sind auch Händels „Messias“ und das „Weihnachtsoratorium“ in aktuellen Interpretationen mit dabei (Kulturradio, 24. Dezember, 15 Uhr 04, UKW 92,4 MHz)

Angeblich haben deutsche Gymnasiasten vor 100 Jahren ihren Homer noch mit Begeisterung gelesen. Seither ist viel Staub auf die mehr als 15 000 griechischen Langverse gerieselt. Aber nun kommt trotzdem eine taufrische „Ilias“ ins Radio. Der österreichische Schriftsteller Raoul Schrott hat die alte Legende sanft und doch entschieden modernisiert, Regisseur Klaus Buhlert daraus eine insgesamt 24-stündige kunstvolle Radioerzählung gemacht. Menschenhaß und Götterzorn, Kriegsgeschrei und Wehklage wirken noch einmal faszinierend nah und lebendig (Deutschlandfunk, Gesang 1 bis 8, 25. Dezember, ab 14 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

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