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Im RADIO: Soldaten und Neuköllner

Spannende Features im Kulturradio: Wie die Bundeswehr die ostdeutsche Klassenkampftruppe NVA in ihre Reihen aufnahm und warum ausländische Mitbürger singen, um einen deutschen Pass zu bekommen.

Normalerweise kämpfen feindliche Armeen gegeneinander. Irgendwann ist eine Seite zerschmettert, zermalmt, in den Staub gedrückt. Aber manchmal hält die Geschichte auch andere Lösungen bereit. Dann kommt es vielleicht zur „Hochzeit mit dem Feind“. So der Titel eines Features von Helmut Kopetzky, das Rückschau hält auf die höchst bemerkenswerte Vereinigung zweier feindlicher Armeen im deutschen Jahr 1990. Damals nahm die Bundeswehr die ostdeutsche Klassenkampftruppe NVA in ihre Reihen auf. Eines der schwierigsten Manöver, die die Bundeswehr je zu bewältigen hatte. Das Feature erzählt mit vielen O-Tönen aus beiden Lagern ein unerhörtes Stück deutscher Militärgeschichte (Kulturradio vom RBB, 29. September, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz.)

Eines Nachts stürzt ein Mann aus dem Fenster eines Plattenbaus. Sein Bruder, ein kiezbekannter Neonazi, war ganz in der Nähe. Die Polizei glaubt an ein rasches Ende der Ermittlungen. Holger Böhmes Hörspiel „Der Fall Karassek“ erzählt die komplizierte Geschichte hinter dem vermeintlich einfachen Kriminalfall. In den Zeugenaussagen enthüllen sich verworrene biografische und politische Verhältnisse. Nachdem alle Klarheiten beseitigt sind, gerät ein junger Architekt ins Zwielicht. Böhmes Hörspiel ist eine Paraphrase auf das alte Thema des politischen Brandstifters, der scheinbar nichts wirklich Böses tut, aber am Ende doch zum Auslöser des Unheils wird (Kulturradio vom RBB, 1. Oktober, 22 Uhr 04).

Vor zwanzig Jahren ist nicht nur die DDR untergegangen. Auch das alte West-Berlin verschwand über Nacht von den kulturellen Landkarten. Die Fluchtburg für Lebenskünstler aller Art wurde gestürmt, der nahrhafte Sumpf, in dem die Subkulturen blühten, rapide trockengelegt. Zwanzig Jahre danach blickt Ralph Gerstenbergs Feature „Berlin (West)“ zurück auf eine Welt, deren Untergang noch heute an vielen Kneipentischen betrauert wird. Gerstenbergs Kronzeugen sind Schriftsteller, die in Romanen und Erzählungen das Westberliner Lebensgefühl der siebziger und achtziger Jahre noch einmal aufleben lassen. Zu Wort kommen Katja Lange-Müller, Sven Regener, Michael Wildenhain und andere (Deutschlandradio Kultur, 3. Oktober, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

„Ich geh jetzt Neuköllner machen“, sagt der Bezirksbürgermeister zweimal im Monat zu seiner Sekretärin. Dann hängt er sich seine Amtskette um den Hals und hält eine Rede auf der Einbürgerungsfeier, die mit dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne endet. Inge Brauns und Helmut Hubers Feature „Werd ich mit Singen deutsch?“ erzählt von ausländischen Mitbürgern, die einen deutschen Pass haben möchten. Vom normalen bürokratischen Weg zwischen Antragstellung und feierlichem Gelübde. Im Mittelpunkt stehen jene, die ihre alte Staatsangehörigkeit unbedingt loswerden wollen und dafür auch Dinge tun, die manche Deutsche als Zumutung betrachten würden: die eingehende Beschäftigung mit dem Grundgesetz und das lückenlose Einstudieren der Nationalhymne (Kulturradio vom RBB, 3. Oktober, 14 Uhr 04).

Die Worte des Librettos stammen von Friedrich Nietzsche und René Pollesch, zwei absoluten In-Autoren. Die Musik für großes Orchester und Live-Elektronik hat der Komponist Jens Joneleit geschaffen. Mit der Oper „Metanoia – Über das Denken hinaus“ eröffnet die Berliner Staatsoper unter neuer Intendanz ihr Ausweichquartier im Schillertheater. Alles an diesem Projekt riecht nach frischer Farbe, nach Wagnis und Aufbruch. Wer den tieferen Sinn der Veranstaltung am Premierenabend nicht direkt im Theater studieren kann, darf die Uraufführung der Oper live am Radio verfolgen (Kulturradio vom RBB, 3. Oktober, ab 19 Uhr).

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