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Medien: Jörg am Horizont?

Die Kollegen von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung finden die gelbe Kampagne nicht so spannend. Sie fragen: „Warum sind bei Labortests mit den FDP-Wahlplakaten alle Mäuse sofort eingeschlafen?

Die Kollegen von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung finden die gelbe Kampagne nicht so spannend. Sie fragen: „Warum sind bei Labortests mit den FDP-Wahlplakaten alle Mäuse sofort eingeschlafen?“ Mich hingegen hat das Motiv mit dem riesenstaatsmännisch schauenden Guido Westerwelle durchaus beschäftigt. „Mehr FDP, mehr Mut“, so lautet der Slogan auf dem Plakat. Soll das heißen: Man braucht Mut, um die „alte Pendlerpartei“ (Herbert Wehner) zu wählen? Oder ist es eine Tatsachenbehauptung: Wenn die FDP mehr als – sagen wir – sieben Prozent bekommt, wird sie ganz mutig und redet Angela Merkel die Erhöhung der Mehrwertsteuer schnell wieder aus?

Wie auch immer, der Blick an die Straßenränder zeigt: Der Wahlkampf hat begonnen. Die Großflächen im 3,60-mal2,60-Meter-Format, bundesweit fast 30000, vermitteln erste Erkenntnisse zu den Strategien vor allem von CDU und SPD. Beide Parteien verbinden auf ihren Plakaten Elemente einer Positivkampagne mit Elementen einer Negativkampagne – Beleg dafür, dass nicht klar ist, wer im Wahlkampf der Angreifer und wer der Verteidiger ist.

Die SPD vereint negative und positive Elemente auf jeweils ein und demselben Plakatmotiv. Da folgt der Behauptung „Wir stehen für den Kündigungsschutz“ die Frage „Aber wofür stehen die Anderen?“ Bei der Frage hört man förmlich die sonore Stimme des Kanzlers, der die Formel „die Anderen“ gerne nutzt, um deutlich zu machen, dass wir es mit einem Lagerwahlkampf zu tun haben. Außerdem lässt sich in der Nichtbenennung des Gegners in klassischer rhetorischer Tradition auf das subtilste leise Verachtung ausdrücken. Die CDU geht in ihren Großplakaten anders vor; die Partei verteilt Positives und Negatives auf jeweils unterschiedliche Motiv-Typen. Für die Abteilung Attacke werden reine Textplakate eingesetzt; Beispiel: „Dafür steht Rot-Grün: 5 Mio. Menschen ohne Arbeit. Deutschland braucht den Wechsel“.

Für Aufbruchstimmung und Gefühl wird die Kandidatin selbst aktiviert: Angela Merkel, natürlich in Apricot, verkündet formatfüllend: „Deutschlands Chancen nutzen.“ Irritierend nur: Warum schaut sie bei diesen Worten den Betrachter nicht an, warum blickt sie nach links in die Ferne? Taucht da gerade Oskar Lafontaine am Horizont auf, oder Jörg Schönbohm?

Michael Geffken

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