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Medien: Kaffeekränzchen

Böhme, Jauch, Schmidt: ein Trio, eine Wahl und eine Enttäuschung

Von Matthias Kalle

Irgendwann muss man ja auch mal schlafen, bloß wann? Die Nacht von Sonntag auf Montag fiel so gut wie aus, da begann man um 17 Uhr mit dem Fernseh schauen und man hörte erst auf, als Werner Sonne für die ARD Gerhard Schröder und Joschka Fischer interviewte. Na also. Ab ins Bett. Halb zwei.

Was das für Deutschland bedeutet, wollte man natürlich am Montag erfahren – dem Tag der Analytiker, der Einordner, der Bedenkenträger. „Mehrheit ist Mehrheit“; das ist die Schlussfolgerung fast aller, und das ist ungefähr genauso langweilig wie die Tatsache, dass „nach der Wahl vor der Wahl“ ist, dass „ein Spiel neunzig Minuten dauert“, oder dass „der nächste Gegner immer der schwerste“ ist. Wo sind denn die, die trotz wenig Schlafs noch kühn denken können und erklären wollen? Vor zehn Jahren waren sie einmal jeden Sonntag bei Erich Böhme, in dessen Sendung „Talk im Turm“. Einmal kettete sich ein Student an Böhmes Stuhl, um ein anderes Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Bei Böhme war es selten langweilig – daran erinnerte man sich bei Sat 1 und setzte ein „Talk im Turm Spezial“ an. Harald Schmidt und Günther Jauch sollten mit Böhme über die Wahl reden, leider kam diesmal kein Student, der sich festkettete, damit es endlich ein Ende finden würde.

Die Sendung war eine Frechheit, 45 Minuten Langeweile. Scheint auch Erich Böhme so erlebt zu haben, denn dass der Mann nicht eingeschlafen ist, grenzt an ein Wunder. Böhme wirkte in seiner Sendung wie ein Opa, der seine Lieblingsenkel zu Kaffee und Kuchen eingeladen hat, damit die ihm mal erklären, was denn so los ist in Deutschland.

Wahrscheinlich hatte Böhme am Sonntag auch was Besseres zu tun, als vor dem Fernseher zu sitzen – anders ist es nicht zu erklären, dass er Schmidt fragen musste, nachdem der über Doris Schröder-Köpf redete: „Sach ma, was hatte die denn an?“ Mitunter erinnerte Erich Böhme an den ehemaligen Fußballspieler Uwe Seeler, der in seiner Karriere vielleicht zu viele Bälle mit dem Kopf ins Tor befördert hat, und in Interviews gerne mit der Eröffnung verwundert: „Ich sach ma, sach ich ma.“ Vollkommen richtig lag Erich Böhme allerdings bei der Vorstellung seiner Gäste: „Harald Schmidt ist Entertainer, Günther Jauch ist Moderator.“ Das merkte man. Schmidt bemühte sich, er kämpfte darum, die Menschen zu unterhalten, während Jauch tatsächlich moderierte, wie er es immer tut: ohne anzuecken, unverbindlich, nett. Dieser Art verdankt es Jauch, dass die Mehrheit der Erstwähler ihn zum Kanzler wählen würde – eine Information, die jemand Böhme auf den Zettel geschrieben haben muss, denn zumindest das wusste er, schlimmer noch: Er ritt darauf rum, Jauch schwieg, Schmidt redete. Über Däubler-Gmelin („Pressefreiheit muss auch Grenzen haben“), über die PDS ( „Das sind die Grünen ohne Fischer“) und über seine eignen Ambitionen auf ein Staatsamt („Ich sehe mich eher als Bundespräsident“).

Was erfuhr man sonst noch, beim Treffen dieses „Kompetenzteams“ (Böhme)? Schmidt schaut ununterbrochen fern. Er und Jauch kommen aus einfachen Verhältnissen. Böhme trägt nach wie vor gewagte Kombinationen aus Krawatte und Einstecktuch. Und man erfuhr, dass es eben doch nicht reicht, sich einfach vor eine Kamera zu setzen und loszulegen – ohne Konzept, ohne Absprache, ohne Rollenverteilung. So wurde es doch bloß eine Sondersendung der „Harald Schmidt Show“ – die hat man aber sowieso schon an vier Tagen in der Woche. Und irgendwann muss man ja auch mal schlafen. Montagabend wäre dafür ein guter Zeitpunkt gewesen.

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