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Medien: Karlsruhe live: Die ARD macht ihre eigene Show

Musste das wirklich sein? Musste die ARD ihre Übertragung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Neuwahl nach wenigen Minuten abbrechen, um sogleich in eine Gesprächs- und dann in eine Reaktionsrunde zu schalten?

Musste das wirklich sein? Musste die ARD ihre Übertragung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Neuwahl nach wenigen Minuten abbrechen, um sogleich in eine Gesprächs- und dann in eine Reaktionsrunde zu schalten? Die Begründung des Vizepräsidenten Winfried Hassemer hätte bei weitem mehr Beachtung und Respekt verdient, zumal auch der juristische Laie sich von der Materie nicht überwältigt fühlen musste. Noch am Donnerstag hatte der ARD-Rechtsexperte Karl-Dieter Möller im Tagesspiegel-Interview betont: „Berlin ist Show, Karlsruhe entscheidend.“ Das war wohl eine Einzelmeinung, die ARD-Verantwortlichen wollten die Deutungshoheit um jeden Preis für sich reklamieren. Da hilft es nichts, dass auch die ausländischen Nachrichtensender CNN und BBC World nach den „Breaking News“ wieder in die weite Welt blickten. Das ZDF und die privaten Newskanäle n-tv und N 24 ließen dem Zuschauer deutlich mehr Zeit, sich im Rechts- und Gedankenraum des obersten deutschen Gerichtes zu orientieren, die Linien zu erkennen, an denen entlang die Richter argumentierten.

Es muss für die Fernsehleute unerträglich sein, dass jeder Sender, der aus Karlsruhe Gerichtsfernsehen überträgt, dem Fernsehpublikum quasi nur ein Standbild anbieten kann. N-tv jedenfalls wird es in nicht ferner Zeit schaffen, das Bewegtbild mit Grafiken, Laufbändern und Eigenwerbung komplett zuzupflastern. Das Hecheln nach der News zur News hat hysterische Ausmaße angenommen: Ständig wurde am oberen Bildrand eingeblendet, wie die Bundestagswahl am 18. September ausgehen wird. Nur ein Detail: Die Linkspartei wird in Berlin, wie n-tv mitzuteilen wusste, zwei Wahlkreise gewinnen. Konkurrent N 24, ewig um die Ökonomisierung seines Programms besorgt, hatte Punkt 10 Uhr 10 eine kostenpflichtige Zuschauerfrage aufgelegt: „Ja zu Neuwahlen. Finden Sie das gut?“ Und, Sensation, Sensation, um 10 Uhr 12 das erste Zwischenergebnis: 100 Prozent finden das gut.

Der 25. August war wieder ein Tag, an dem der Programm-Phoenix seine Stärke, eine gründliche, kritische Berichterstattung ausspielen konnte. RTL blieb von alledem ungerührt: Es tagte das „Familiengericht“. Das Drama in Karlsruhe ist halt nichts im Vergleich mit den tragischen „Lebenslügen“.

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