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KRITISCH gesehen: Eine Frau sieht rot

Günther Jauch. ARD.

Günther Jauch. ARD.

Ulrich Deppendorf und Rainald Becker suchten schon im „Bericht aus Berlin“ über Sachfragen die Positionen und Schwachstellen von Bundeskanzlerin Angela Merkel herauszupräparieren. Es war ein fast bis zur Unkenntlichkeit freundliches Gespräch. Merkel jedenfalls hielt sich sehr an den einen Satz, den sie Richtung CSU und anderer „Bescheidwisser“ in Sachen Euro-Krise losließ: Jeder solle „die Worte sehr wägen“.

Gertrud Höhler hat sie gewogen, die Worte und Sätze. „Die Patin“, so ihr aktueller Buchtitel, ist eine einzige Philippika gegen Angela Merkel, CDU- und Regierungschefin. Gertrud Höhler macht den weiblichen Thilo Sarrazin – scharfe Thesen, Polemik pur. Da die Publizistin weiß, dass Fakten den Erzählstrom hemmen, lässt sie es an Beweisen fehlen. Im Buch wie in der ARD-Talkshow. Höhler wurde vom großmäuligen ZDF-Journalisten Wolfgang Herles sekundiert, den Gegenpart übernahmen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Lothar de Maizière, der als gelernter DDR-Bürger die Ostflanke abdeckte. Weniger kernig als im Buch, aber unverdrossen in der Vorwärtsbewegung nahm sich Höhler des Systems Merkel an. Sie lasse keine konservativen Werte erkennen, innerparteiliche Gegner räume sie beiseite, das Parlament übergehe sie ein ums andre Mal, in Sachen Erziehung, und nicht nur dort, gehe es mit Merkel geradewegs in den Sozialismus.

Gehört zur Tapferkeit der Kritik nicht aber auch die Klugheit der Argumente? Ursula von der Leyen reagierte nicht laut, nicht lärmend, sie sagte nur, wie „empörend“ der Höhler’sche Duktus sei. Die Ministerin im Kabinett Merkel hatte es leicht, Höhler zu kontern – sie hat die Empirie täglicher Regierungspolitik auf ihrer Seite. Von der Leyen kann von innen nach außen argumentieren, während Höhler von draußen nach drinnen kritisiert.

Günther Jauch blickte unentwegt skeptisch und ließ sich erst am Ende zu der alles überragenden Frage hinreißen: Warum schenken so viele Wähler einer Kanzlerin Merkel ihr Vertrauen, obwohl sie eine miese Politikerin und ein zweifelhafter Mensch sein soll? Höhlers Antwort blieb so diffus, dass am Ende nicht das System Merkel in Flammen stand, sondern der Höhler’sche Furor. Joachim Huber

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