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Medien: Kuckuck, hier bin ich

Frank Plasberg macht mit „Hart aber fair“ schon längst ein ARD-Format

Sein Name steht auf allen Listen: Frank Plasberg, Moderator von „Hart aber fair“. Und auf den meisten Listen für die Nachfolge von Sabine Christiansen steht sein Name ganz oben. Frank Plasberg ist der erklärte Favorit für den politischen Talk am Sonntagabend im Ersten. Günther Jauch wollte nicht mehr „Herr Christiansen“ werden, Plasberg will es. Das hat er, kaum dass Günther Jauch der ARD abgesagt hatte, sogleich und ungefragt erklärt – nicht ohne den Hinweis beizufügen, dass Jauch ihn angerufen und Glück gewünscht habe. Ein Ritterschlag, könnte man meinen, allein, der Name Jauch sorgt nicht mehr in allen Beletagen der ARD für Zungenschnalzen und Kratzfüße.

Mit Jauch wollte die ARD den Star, den Publikumsliebling, den Quotenabräumer engagieren, mit Plasberg bekäme sie ein schon sehr prominentes Eigengewächs. „Hart aber fair“ läuft seit 2001 im WDR-Dritten, die bis zu 2,3 Millionen Zuschauer summieren sich mehrheitlich über die bundesweite Ausstrahlung. Das Format arbeitet sich nicht an NRW-Spezifika ab, vielmehr kommen politische, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Themen im bundesrepublikanischen Maßstab zur Verhandlung. Der Fahrplan der letzten drei Ausgaben: „Regieren sie schon oder üben sie noch? Der teure Streit der Großen Koalition“, „Der geteilte Aufschwung – wie ungerecht wird Deutschland?, „Angst vor alten Eltern – wenn die Pflege zur Last wird!“. Das sind Themen, die Sabine Christiansen und Maybrit Illner auf der Agenda haben.

„Hart aber fair“, die Sendung und ihr Moderator, haben alle wichtigen Fernsehpreise eingeheimst. Gerade wurde Plasberg vom „medium magazin“ zum „Politikjournalisten des Jahres“ gewählt. Der Weg ins Erste ist vorgezeichnet.

Frank Plasberg hat nach der ersten Selbsteuphorisierung über den JauchRücktritt pflichtschuldigst und schlau erklärt, dass es für ihn im Gegensatz zu Jauch kein Problem sei, sollte die Sendung den ARD-Chefredakteuren unterstellt werden. Plasberg war selbst mal stellvertretender Chefredakteur des WDR-Fernsehens. Nach mehr als 20 Jahren öffentlich-rechtlichem Dienst in Köln kennt er seine ARD. Jauch pochte auf „innere Freiheit und äußere Unabhängigkeit“ bei der Sendungsgestaltung, Plasberg hat sich ein Stück davon schon erarbeitet. Mit dem wachsenden Erfolg von „Hart aber fair“ hat der 1957 im Bergischen Land Geborene sich aus dem WDR gelöst und mit seinem Freund und Kollegen Jürgen Schulte die Firma „Ansager & Schnipselmann“ gegründet. Sie produziert „Hart aber fair“ im Auftrag des WDR. Der Ansager ist Plasberg, Schulte der Schnipselmann. Das Outsourcing bringt mehr Geld, noch mehr Geld würde ein ARD-Auftrag bringen. Frank Plasberg bekennt, dass ihn die Doppelrolle von Moderator und Produzent fern der WDR-Kantine zutiefst befriedigt. So eine öffentlich-rechtliche Anstalt gebiert auch Insassen. Warme Mahlzeiten okay, Freigang im Innenhof wunderbar – und doch kann so ein Apparat neben aller Absicherung die Furcht vor der Inventarisierung aufsteigen lassen.

Plasberg hat seit 1982 und dann 15 Jahre lang mit Christine Westermann (heute mit „Zimmer frei“ glücklich) die „Aktuelle Stunde“ moderiert, ab 1993 war er zugleich Redaktionsleiter und für zahlreiche Sondersendungen im Dritten verantwortlich. Vom Regionalen zur Spezialität, zu „Hart aber fair“, mal aus Köln, mal aus Berlin. Das ist keine politische Talkshow in Reinform, das ist ein Polit-Talk-Magazin, ein entschieden durchstrukturiertes Format mit direkter Zuschauerbeteiligung. Plasberg ist der Majordomus. Er moderiert die Gesprächsrunde, er führt die Einzelverhöre quasi im Beichtstuhlverfahren, er drückt die Tasten für die Einspielfilme. Des Moderators Display ist Info-Generator und Lügendetektor. Plasberg ist fix in der Reaktion, sehr quick im Kopf, er hat eine scharfe Zunge. „Mir fehlt ein Gen zur Milde“, hat er gesagt. Grobheiten der Gäste werden weggelächelt. Professionell im Nehmen, wie es sich gehört für einen, der seinen Journalismus bei der „Abendzeitung“ als Reporter für Rotlicht und Blaulicht begann. Bei „Hart aber fair“ wird über 90 Minuten zum „Reizthema“ gemacht, was die Menschen beschäftigt – und aufregt. Die Redaktion um Frank Plasberg kann behaupten, dass sich ihre Sendung mitten in der Welt der Zuschauer bewegt.

„Hart aber fair“ am Sonntag in der ARD müsste zwischen „Tatort“ und „Tagesthemen“ eingepasst und damit von 90 Minuten auf eine Stunde reformiert werden. Länger geht nicht, denn dann fiele die Kultur, die das Erste momentan ab 23 Uhr anbietet, endgültig ins Quotenkoma.

Mit Frank Plasberg weiß die ARD, was sie bekommt. Morgen wollen die Fernsehdirektoren der ARD für die Intendanten der ARD einen Vorschlag formulieren. Das kann für Frank Plasberg hart werden. Oder fair. Dann muss der Urlaub mit Frau, Tochter und Sohn im heißgeliebten Kanada wohl ausfallen.

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