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Medien: „Mörder von morgen“

Henryk M. Broder nimmt Jürgen Fliege beim Wort. Eine Polemik

Zwei Tage nach dem Terroranschlag von Madrid, bei dem 200 Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden, als die Experten noch rätselten, ob es Eta oder Al-Qaida-Bomben waren und langsam aber unaufhaltsam die Frage in den Vordergrund rückte, ob solche Anschläge auch in Deutschland zu erwarten wären und wie man sich dagegen schützen könnte, als das Blut noch nicht geronnen und das Entsetzen frisch war, da sprach Jürgen Fliege das „Wort zum Sonntag“. Wie immer bei dem Fernsehpfarrer ging es auch am 13. März darum, was Gott möchte, wozu Menschen in der Lage sind und welche Lehren man für das Leben ziehen sollte. Fliege beschloss seine Mini-Predigt mit der Empfehlung, „mit den Mördern von heute über die Welt von morgen zu reden“.

Es ist eine Anregung, die wir rasch aufnehmen und entschlossen in die Tat umsetzen sollten. Es reicht nicht, dass Mehtin Kaplan, der wegen Beihilfe zum Mord verurteilt wurde, in Köln politisches Asyl bekommt, man sollte ihn zum Ehrenbürger der Domstadt und Multi-Kulti-Beauftragten ernennen. Es reicht nicht, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD in Beirut zu einer Konferenz mit Vertretern anerkannter Terror-Organisationen einlädt, um einen Dialog zu fördern, der dem gegenseitigen Verständnis dienen soll. Es reicht nicht, dass Günter Grass vorschlägt, als Geste des guten Willens eine Kieler Kirche in eine Moschee umzuwandeln, ohne abzuwarten, bis in Riad oder Islamabad eine Moschee in eine Kirche umgewandelt wird. Das alles ist nicht genug. Wir müssen mit den Mördern von heute über die Welt von morgen reden, damit die Mörder von morgen sich in der Welt von heute wohl fühlen.

Reden wir also mit dem Kannibalen von Rothenburg über das Menü bei der nächsten Gala der Deutschen Aids-Hilfe; reden wir mit den belgischen Kinderschändern über eine Herabsetzung des Schutzalters und eine Entkriminalisierung der Pädophilie; reden wir mit den Mördern von Daniel Pearl, die seine Enthauptung auf Video festhielten, welche Kameras bei so schwierigen Einsätzen empfehlenswert sind; reden wir mit dem Mörder der schwedischen Außenministerin über Integrationsprobleme in der schwedischen Gesellschaft.

Schade ist nur, dass wir mit einigen Kennern der Materie nicht mehr reden können. Der Amokläufer von Erfurt, der 16 Schüler und Lehrer umbrachte, hätte sicher einiges über die Reform der gymnasialen Oberstufe sagen können, wenn er sich nicht selbst gerichtet hätte. Er kommt also als Dialog-Partner nicht mehr in Frage. Aber es bleiben ja noch genug Kandidaten übrig. Osama bin Laden zum Beispiel, der sehr konkrete Vorstellungen von der Zukunft hat, oder der deutsche Hisbollah-Freiwillige Steven Smyrek, der gerne Märtyrer werden möchte.

Man könnte aus der Idee auch ein neues Fernseh-Format machen, „Mörder von morgen“, moderiert von Fliege, produziert von Hisbollah TV, gesponsort von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Wer die Menschen liebt, der muss mit den Mördern von heute über die Welt von morgen reden.

Gut, dass wir darüber gesprochen haben.

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