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Russlands Präsident Wladimir Putin mit russischen Sportlern.

© Reuters

Nachrichtenagentur verliert Lizenz: Schimpfwörter in russischen Medien verboten

In Russland ist der unabhängigen Nachrichtenagentur Rosbalt die Lizenz entzogen worden. Sie hatte Artikel und Videos veröffentlicht, in denen Kraftsausdrücken vorkamen - und die sind in russischen Medien seit April verboten.

Drei Monate vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi ist der unabhängigen Nachrichtenagentur Rosbalt aus Russland die Lizenz entzogen worden. Die Agentur habe gegen das russische Mediengesetz verstoßen, urteilte am Donnerstag das vom Moskauer Stadtgericht. Die Aufsichtsbehörde Roskomnadsor hatte die Agentur zuvor wegen der Veröffentlichung von Kraftausdrücken angeklagt, wie russische Medien berichteten. Rosbalt will die Entscheidung anfechten.

Das Gesetz gilt auch für Interviewpartner und Leserkommentare

In Russland ist der Gebrauch von Schimpfwörtern in den Medien seit April verboten. Dies gilt nicht nur für redaktionelles Material, sondern auch für die Äußerungen von Interviewpartnern und für Leserkommentare. Die Regelung biete breiten Raum für politischen Missbrauch, weil eine offizielle Liste mit verbotenen Wörtern nicht existiere, kritisierte die Organisation "Reporter ohne Grenzen".

Rosbalt hatte ein Video der Frauen-Punkband Pussy Riot, begleitend zur Berichterstattung, auf ihre Webseite gestellt hatte. Ein weiteres von Rosbalt publiziertes Video zeigte die Festnahme eines jungen Mannes in Krasnodar, der mit einer Axt bewaffnet war. In beiden Fällen wurden die im Video gebrauchten Schimpfwörter mit Pieptönen überspielt. Trotzdem verwarnte die Aufsichtsbehörde Rosbalt, woraufhin die Filme von der Internetseite genommen wurden.

Die Agenturchefin spricht von "Willkür"

Das Gesetz sieht vor, dass einem Medium nach zwei Verwarnungen die Lizenz entzogen werden kann. Obwohl der Einspruch von Rosbalt gegen die Verwarnungen noch vor einem anderen Gericht verhandelt wird, entzog das Moskauer Stadtgericht dem Sender bereits die Lizenz. „Wir sind mit der Gerichtsentscheidung nicht einverstanden und halten sie für Willkür“, erklärte Rosbalt-Präsidentin Natalja Tscherkessowa. Sie kündigte an, in Berufung zu gehen, um das Fortbestehen der Agentur zu sichern.

Pawel Gussew, Leiter des Moskauer Journalistenverbandes, sprach von einem „gefährlichen Präzedenzfall“. Der Staat mache den Medien klar, dass es in seinem Ermessen liege, sie zu schließen, sagte er. Die Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ sprach von einer „ganz offensichtlich politisch motivierten Entscheidung“. Drei Monate vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi werde versucht, eine angesehene Nachrichtenagentur mundtot zu machen, sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion der Organisation, Christian Mihr.

Rosbalt wurde 2001 in St. Petersburg von Natalja Tscherkessowa gegründet. Sie ist die Ehefrau des ehemaligen Leiters der russischen Drogenpolizei, Viktor Tscherkessow. Der einstige Vertraute von Präsident Wladimir Putin fiel in Ungnade, als er öffentlich einen „Krieg der russischen Geheimdienste“ um Macht und Einfluss beklagte. Tsp/epd

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