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„Inside WikiLeaks“ mit Benedict Cumberbatch und Daniel Brühl (ProSieben Maxx, Dienstag, 20 Uhr 15), erzählt die Geschichte der Enthüllungsplattform und ihrer Gründer.

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Netz-Welten im Fernsehen: Alles Darknet oder was?

Von Hackern, Computerprogrammen und Wikileaks: Wie Film & Fernsehen uns das Internet erklären. Nur eine Serie hat das zuletzt richtig gut gemacht.

Wenn das Fernsehen, wie öfter in jüngster Zeit, von Computerprogrammen, Hackern, Darknet oder Wikileaks erzählt, wundern sich meistens die Menschen, die sich mit Computerprogrammen, Hackern, Darknet oder Wikileaks besser auskennen. Themen aus der Welt der Hacker und Whistleblower im Film zu erzählen, die virtuelle Realität zu inszenieren, damit tun sich Autoren schwer.

Das zeigt auch eine FreeTV-Premiere, der US-Spielfilm „Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt“ (Dienstag, ProSiebenMaxx 20 Uhr 15). „Das Darknet wird so dargestellt, wie der Redakteur glaubt, dass sich ein 50+-Zuschauer selbiges vorstellt“, schreibt ein Nutzer auf Twitter zur Frage, warum das Thema in Film und Fernsehen bei netzaffinen Menschen für Lacher sorgt.

Auch Peter Welchering, Technikjournalist beim Deutschlandfunk, amüsiert „die Fabelwelt für Kriminelle“, die beispielsweise hinter dem Darknet vermutet wird. Waffen, Drogen, Zwangsprostituierte – scheinbar alles ganz einfach zu bestellen, wie Bücher und Filme im Onlinehandel. Die Reduzierung auf kriminelle Aktivitäten wird dem Darknet nicht gerecht.

Nüchtern betrachtet handelt es sich beim Darknet um einen von zahlreichen Bereichen im Internet, die nicht für jedermann zugänglich sind. Damit unterscheidet es sich erst einmal wenig von den Computernetzen von Redaktionen oder Firmen. Im Darknet setzen die Nutzer alles daran, den Inhalt ihrer Kommunikation nur denjenigen zugänglich zu machen, die wirklich erreicht werden sollen. Zu welchem Zweck und mit wem kommuniziert wird, soll niemand erfahren.

„Wir reden von einem Hack, einer uneleganten Lösung!“

Auch im Film „Inside Wikileaks“ erzeugen die Drehbuchschreiber Assoziationen, die unbedarfte Zuschauer auf falsche Fährten führen. „Wir reden von einem Hack, einer uneleganten Lösung!“, wettert Benedict Cumberbatch als Julian Assange. Das klingt nicht gut. Doch wenn in diesem Zusammenhang von „unelegant“ gesprochen wird, ist nichts Negatives gemeint. Beim Hacken geht es darum, originell und experimentierfreudig zu sein und Lösungen für Probleme zu finden. „Unelegant“ bezieht sich nur auf den provisorischen Charakter, den die schnell gefundene Lösung hat.

Später in diesem Film überreizen es die Drehbuchschreiber, als eine Szene auf dem Chaos Communication Congress in Berlin nachgespielt wird. Julian Assange und Daniel Domscheit-Berg (gespielt von Daniel Brühl) präsentieren in einem knalligen Multimediaevent, das an eine Apple-Produktpräsentation erinnert, die Wikileaks-Veröffentlichungen aus 2009. Da ist es, das Bild vom geltungssüchtigen, gefeierten Selbstdarsteller Julian Assange.

Die Videoaufnahme der echten Präsentation ist weiterhin im Netz zu finden. Assange und Domscheit-Berg (damals unter dem Pseudonym Daniel Schmitt für Wikileaks tätig) informierten ihr Publikum mit einer einstündigen Präsentation, die aus Text und nahezu keinen Bildern bestand. Sie wollen auch über den Krieg in Afghanistan aufklären, der bis 2009 überwiegend als Friedensmission präsentiert wurde.

In der Präsentation wird die Veröffentlichung des geheimen Militärpolizeiberichts zum Bombardement von zwei Tanklastern durch den Bundeswehroberst Klein erwähnt. Die Autoren verzichten im Film auf eine konkrete Verknüpfung von Deutschland mit fragwürdigem militärischen Handeln. Viel Angriffsfläche für netzaffine Menschen bot zuletzt auch der Stuttgarter Tatort „HAL“ über ein verblüffendes Computerprogramm, mit Referenzen zu Stanley Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“.

Insbesondere die eingewobene Forderung nach mehr Überwachung mit unausgereiften technischen Mitteln oder auch die Frage, wie wacklig eine IP-Adresse als Beweismittel ist, kam in Netz-Foren nicht gut an. Dann lieber die USA-Serie „Mr. Robot“ über einen jungen IT-Experten, der am Computer sitzt und die Weltordnung umstürzen will, da wurde laut Expertenmeinung vieles richtig gemacht.

Selbst Dokumentarfilme sind kein Garant für eine ungefärbte Darstellung, wenn es um Netzwelten geht. Die Doku „We Steal Secrets – Die Wikileaks-Geschichte“(Dienstag, 3sat, 22:40 Uhr) arbeitet durchgängig mit Originalinterviews. Fachjournalisten ordneten den Film als zu staatstragend ein, der australische Politikwissenschaftler Robert Mannes bezeichnete das Werk als „oberflächlich beeindruckend, aber letztlich kurzsichtig“.

Unumstritten ist der oscarprämierte Dokumentarfilm „Citizenfour“ (Montag, 3sat, 22:25 Uhr), die Geschichte um Edward Snowden, den NSA-Whistleblower. Laura Poitras verzichtet auf Effekthascherei und Vereinfachungen. Sie überlässt die Wertung dem Zuschauer. Das kann nie schaden.

Daniel Lücking

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