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Ossi-Wessi-Vernügen: Das große Verpulvern

Im ZDF-Film „Stankowskis Millionen“ rückt Wolfgang Stumph der Treuhand zu Leibe - und wird mit einem Bayern verwechselt.

1991 war die deutsch-deutsche Welt übersichtlich: Die Wessis waren gierig und aufgeblasen, die Ossis faul und hinterwäldlerisch. Die einen verscherbelten die Reste der DDR und bereicherten sich, die anderen versanken im Jammertal. Das Zentrum des Bösen war die Treuhand, die bis 1994 die Volkseigenen Betriebe abwickelte. Anders gesagt: „Wir haben die Lizenz, Milliarden zu verpulvern“, erklärt Treuhand-Mitarbeiter Gunter Novak (Gustav Peter Wöhler) seinem neuen Kollegen Werner Stankowski (Wolfgang Stumph). Der, ein ostdeutsches Trojanisches Pferd in der von Wessis beherrschten Treuhand, mischt bald auf seine Weise mit beim großen Verpulvern. „Stankowskis Millionen“ heißt die neue Ost-West-Komödie von „Sonnenallee“-Autor Thomas Brussig, Koautor Johannes Betz („Der Tunnel“) und der Komödien-erfahrenen Regisseurin Franziska Meyer Price („Doctor's Diary“).

Die Idee hatte Wolfgang Stumph, dessen Aufgabe es seit zwei Jahrzehnten ist, die Probleme der Wiedervereinigung stellvertretend fürs Fernsehpublikum mit sächsischem Humor zu bewältigen. „Man kann sich geradezu ein Thema von der Seele lachen“, behauptet Stumph. Und die Treuhand drückt gewiss noch schwer auf die Seele. Als Wolle Stankoweit in der ZDF-Sitcom „Salto Postale“ hat Stumph in den neunziger Jahren mal ein fiktives Telefonat mit der damaligen Treuhand-Chefin Birgit Breuel geführt. Knapp 20 Jahre später ist aus Stankoweit Stankowski geworden, aber einer von diesen Stumph'schen Kleine-Leute-Figuren geblieben: weder Überflieger noch Revoluzzer, sondern einer, der sich listig durchs Leben schlägt.

Anfangs ist Stankowski ein Ossi wie aus dem Klischee-Bilderbuch der neunziger Jahre: in Unterhemd vor der Glotze sitzend, in Selbstmitleid versinkend. Nach der Wende gab es keinen Job mehr für ihn, den Robotnik-Entwickler, mit dessen Software sogar die sowjetischen Satelliten im Weltraum arbeiten. Seine Frau Iris (Petra Kleinert) sucht das Weite, ausgerechnet mit Prince Charming aus dem Westen, einem reichen Unternehmer (Sky du Mont).

Doch Stankowski hat Glück. Nach einem erfolglosen Vorstellungsgespräch in München trifft er in einem Café Treuhand-Manager René Vonderecken (Christian Tramitz) und bringt dessen tragbaren Computer, damals noch einen wahren „Schlepp-Top“, wieder zum Laufen. Vonderecken glaubt einen Spezialisten am Werk und will Stankowski vom Fleck weg verpflichten. Als der endlich zusagt, fühlt sich der Ossi in ihm ein wenig unwohl. „Hasen arbeiten ja auch nicht für Jäger“, sagt er zu sich selbst und dem Publikum.

Hier beginnt eine Verwechslungskomödie, die einen ziemlichen Haken hat: Wie kann man Stumph alias Stankowski für einen waschechten Bayern halten? Egal, die Wessis bei der Treuhand merken eh nichts. Die Ossis kommen auch nicht besser weg: Jörg Schüttauf glänzt als angelnder Stankowski-Freund Rudi, der sich beleidigt in seine Datsche zurückgezogen hat und seine ganz persönliche Mauer als Schutzwall gegen neue Nachbarn aus dem Westen errichtet. Seine Frau Petra (Gerit Kling) versucht sich nach dem gescheiterten Experiment mit einem Dildo-Versandhandel derweil als Köchin ostdeutscher Spezialitäten – „um die Mauer in den Mündern niederzureißen“

Lässt sich mit dieser Art Humor die Treuhand abwickeln? Jedenfalls stimmt das Tempo, die Handlung ist schön abstrus, die Nebenrollen sind glänzend besetzt und zu hören gibt es im zeitgenössischen Soundtrack sogar die Smokies und Rio Reiser. „Stankowskis Millionen“ ist ein Genre-Vergnügen, das jedes nur denkbare Ost-West-Klischee ausweidet.

„Stankowskis Millionen“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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