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RTL-Film: "Große Action können in Deutschland nur wenige"

Schauspieler Hannes Jaenicke über gute Unterhaltungsfilme, anstrengende Querdenker, Kitsch und erfolgreichen Tierschutz.

Herr Jaenicke, bei dem Film haben Sie actionmäßig richtig auf die Pauke gehauen.

Stimmt. Die Produzenten von Dreamtool, Felix Zackor und Stefan Raiser, sind wirklich erstaunlich. Ich habe vor zehn Jahren das erste Mal mit ihnen gedreht, und die waren immer Querdenker, anstrengend, manchmal auf produktive Art nervig. Aber „Bermuda Dreieck Nordsee“ sieht eben auch nicht aus wie deutsches Fernsehen. Das ist großes Popcorn-Kino im TV.

Als Umweltstreber wussten Sie , was es mit CO2-Sequestrierung auf sich hat?
Naja, ich hatte ja genau ein Jahr zuvor meinen Eisbärfilm gedreht über CO2-Ausstoß und Polkappenschmelze. Ich war also mit dem Thema vertraut. Die Norweger pumpen schon seit 1996 verflüssigtes CO2 in ein Gasfeld unter der Nordsee. Wobei nie Forschungsergebnisse veröffentlich werden. Alle behaupten einfach, das sei safe. Ich war auf der „Geomar“, einem Schiff des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften, das die Lagerung von Kohlendioxid im Meeresboden untersucht. Man darf zwar nicht reinfahren in das Feld, auch nicht darüberfliegen, aber die fahren seit Jahren darumherum und messen überall und finden tatsächlich keine erhöhten CO2-Werte. Das Feld müsste eigentlich längst voll sein, trotzdem steigt der Druck innerhalb der Blase nicht.

Und was könnte der Grund sein?
Die Norweger sagen: „Das Feld ist so groß, das ist noch nicht voll.“ Die Geologen sagen: „Das leckt, man weiß nur nicht wo.“ Die Engländer wollen CO2 verklappen, die Amerikaner auch, und bei Cottbus macht Vattenfall in Schwarze Pumpe einen riesigen Pilotversuch. Da war ich gerade mit „Spiegel TV“. Das wird uns jetzt als Lösung verkauft, um noch mehr Kohle verfeuern zu können. Aber kein Mensch weiß, was ein Gas macht, wenn es in die Erde verpresst wird. Diesen Aufhänger für einen Film finde ich spannend. Und ziemlich intelligent.

Haben Sie beim Drehbuch mitgewirkt?
Nur bei den Dialogen und meiner Figur. Es war anfangs zu lang und auch erstaunlich humorbefreit. Alle Beteiligten haben dann versucht, aus den Pappkameraden Menschen zu machen. Regisseur Nick Lyon ist allerdings Amerikaner, der konnte nicht so viel mitreden.

Aber Nick Lyon hat immerhin an der renommierten Ludwigsburger Filmakademie studiert.
Stimmt. Er spricht für einen Amerikaner erstaunlich gutes Deutsch, kommt aber aus einer rein handwerklichen Ecke. Er hat zum Beispiel „Species“ gemacht, ein Zombie-Movie. Was Nick Lyon hervorragend kann, ist: große Actionszenen auflösen. Große Bilder, Verfolgungsjagden, Hubschrauber, Schiffsszenen auf offener See, Spezialeffekte, Schlägereien – das können in Deutschland nur wenige.

Können Amerikaner Action einfach besser als Deutsche?
Nicht unbedingt. Ich finde, Carl Schenkel, mein mittlerweile verstorbener Freund, der 1984 „Abwärts“ gemacht hat, hat bewiesen, dass man mit einem Null-Budget in Deutschland einen unglaublich spannenden Thriller machen kann. Die Ausrede der Deutschen „Wir haben kein Geld“ ist zu bequem. Für „Bermuda-Dreieck Nordsee“ hatten wir 5,7 Millionen Euro. Dafür kannst du ein fettes Action-Event machen. Was uns fehlt, ist die Schamlosigkeit der Amerikaner, ein Genre zu bedienen. Weil es dann heißt: Der Schluss ist ja so kitschig. Ja, hallo? Das muss bei einem kommerziellen Film so sein.

Aber musste der Off-Text am Schluss dieses Filmes unbedingt sein?
Das ist Geschmacksache. Wir Deutschen haben oft ein gebrochenes Verhältnis zu Emotionalität. Aber ehrlich gesagt, ich hätte diesen Text am Schluss auch nicht draufgesprochen. Oder vielleicht nicht so. Aber ich bin auch nicht das Publikum.

Ist das nicht eine Unterschätzung des Publikums, immer nur zu sagen: Die wollen das?

Haben Sie die Abkürzung „CCS“ vorher schon einmal gehört?

Ja.

Nach dem Film, weiß auch jeder RTL-Zuschauer, was „CCS“ ist: CO2-Abscheidung und -Speicherung.

Und darum muss man es kitschig machen?
Ja, denn wenn ich es als Doku mache und damit zu Thomas Bellut, dem großen Doku-Befürworter beim ZDF gehe, und sage: „Ich mach’ jetzt eine Doku über CCS“, dann sagt der: Über was bitte? Und er hat recht. Denn das läuft nachts um eins und es guckt kein Schwein. Ich bin ja mit diesem Doku-Projekt „Im Einsatz für …“ zwei Jahre rumgetapert und bin es nicht los geworden, weil ich immer gesagt habe: „Ich will etwas über Umweltzerstörung machen.“ Als ich gesagt habe: „Ich will etwas über verwaiste Orang- Utan-Babys machen“, hatte ich plötzlich einen Kracher-Sender, einen guten Sendeplatz und ein Budget. Um so etwas zu verkaufen, muss man auf die Kacke hauen.

Das Genre Komödie liegt Ihnen auch, wie man an der Filmreihe „Allein unter Töchtern“ sieht.
Ja, wir basteln gerade an Teil vier. Arbeitstitel: „Allein unter Kopftüchern“. Wir haben drei Teile in einer Villa am Wannsee gedreht, die jetzt verkauft wurde. Darum brauchten wir ein neues Zuhause. Jetzt ziehen wir mit den ganzen Mädchen und Kindern nach Wedding, also voll in die Migrantenmeile. Wir sind gerade am Drehbuch. Das macht Spaß. Und ich hoffe, der Titel bleibt so.

Das Gespräch führte Simone Schellhammer.

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