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Medien: Schlechte Nachrichten

Verkündet wurde es am Dienstag in Frankfurt, vollzogen wird es Ende Juni in Berlin: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) stellt die „Berliner Seiten“ ein. Für Nachfragen hatte Herausgeber Frank Schirrmacher ein paar Zeilen in seinem Büro hinterlassen.

Verkündet wurde es am Dienstag in Frankfurt, vollzogen wird es Ende Juni in Berlin: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) stellt die „Berliner Seiten“ ein. Für Nachfragen hatte Herausgeber Frank Schirrmacher ein paar Zeilen in seinem Büro hinterlassen. „Das ist ein trauriger Tag für uns alle. Die Berliner Seiten waren ein Paradebeispiel für neuartigen, frischen Hauptstadtjournalismus.“ Die Beilage sei nicht nur in Berlin längst Kult geworden. „Aber die wirtschaftlichen Zwänge erfordern Maßnahmen“, schrieb Schirrmacher, „jetzt wird der Geist der Berliner Seiten im Feuilleton aufgehen.“ Die Beilage wird „wahrscheinlich ein kleiner Mythos werden. Doch die Hauptstadt bleibt unverrückbar in unserem Gesichtskreis.“ Das Ende der „Berliner Seiten“ trifft Schirrmacher hart. Anfang des Jahres wollte er noch das „FAZ“-Feuilleton von Frankfurt nach Berlin umziehen lassen. Auch dieses Projekt musste er aufgeben.

Die Redaktion der „Berliner Seiten“ war für Dienstag nach Frankfurt eingeladen worden. In der „FAZ“-Redaktionskonferenz wurde die Einstellung mitgeteilt. Nach Angaben von Teilnehmern nannte Jochen Becker, Vorsitzender der Geschäftsführung, Zahl um Zahl. Kommentar eines Redakteurs: „Die FAZ wird eine Controller-Zeitung.“ Schirrmacher hielt dagegen. Er fürchte um das intellektuelle Gewicht des Blattes, wird er zitiert.

Florian Illies, der gemeinsam mit Axel Wermelskirchen die „Berliner Seiten“ aufgebaut hat, sagte dem Tagesspiegel: „Ich bin persönlich sehr, sehr traurig“. Zugleich zeigte er sich überzeugt, dass die Schirrmacher-Ankündigung, wonach „der Geist der Berliner Seiten im Feuilleton aufgehen wird“, umgesetzt werde. „Anders als die Süddeutsche werden wir Berlin nicht in das Ghetto einer Berlin-Seite sperren.“ Mitarbeiter der „Berliner Seiten“ waren weniger von der Entscheidung selbst als vom Zeitpunkt überrascht. „Du weißt, dass der Zug kommt, aber du weißt nicht, wann er kommt.“ Die zwölf festangestellten Redakteure hoffen, ihre Arbeitsplätze behalten zu können. Befürchtet wird, dass im großen Radius „der Freien und der Pauschalisten die Bombe einschlagen wird“.

Die Beilage wurde im April reduziert: an Werktagen von sechs auf vier Seiten, am Sonnabend von acht auf sechs Seiten. Die „FAZ“ muss wegen der Anzeigenflaute sparen. Geschäftsführer Becker sagte, die GmbH habe 2001 mit einem Verlust von 27 Millionen Euro abgeschlossen, 2002 habe sich die Lage nicht gebessert, die Aussichten für 2003 seien „verhangen“. Nach Aussage von Dieter Eckart, Sprecher der Herausgeber, soll es in der gesamten Verlagsgruppe betriebsbedingte Kündigungen im „unteren dreistelligen Bereich“ geben. Derzeit würden 1400 Mitarbeiter beschäftigt. Wie viele Stellen bei den „Berliner Seiten“ wegfallen, ließ er offen.

Startpunkt für die Beilage war der 1. September 1999. Der verkauften Auflage der „FAZ“ in Berlin mag die Beilage genutzt haben. Im ersten Quartal 2002 lag diese bei 18 121 Exemplaren, das ist im Vergleich zu Anfang 2000 ein Plus von rund 1500 Exemplaren.Joachim Huber

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