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Medien: „Sind das nicht die Krawatten von Energie Cottbus?“

In den politischen Chaträumen des Internets wurde die Form der Duellanten minutiös verfolgt und bewertet

Die Duell-Erwartungen waren groß, nicht nur gegenüber dem Fernsehen. Im Internet- Chat von „Spiegel Online“ mahnte Userin „esra“ die Mitdiskutanten zu anspruchsvollen Kommentaren: „Mein Sohn möchte wissen, wie sich Erwachsene über Politik unterhalten.“ Als Lehrbeispiel über die hohe Kunst des Online-Disputs wird dieser Abend zwar nicht in Erinnerung bleiben, doch immerhin bleibt festzuhalten, dass Fernsehen und Internet sich ganz offensichtlich nicht gegenseitig ausschließen. Bis zu 500 Onliner versammelten sich in der Spitze im Internet- Chat des „Spiegel“-Ablegers, im Diskussionsbereich von sabine-christiansen.de herrschte ebenfalls drangvolle Enge. Selbst der Chat von „Politik digital“ war so gut besucht wie selten.

„Schröder liegt klar vorn“, „Dann warte mal auf Stoiber“, „Das Duell ist mit Abstand besser als beim letzten Mal“. Im Minutentakt informierten die selbst ernannten Online-Punktrichter die Internet-Gemeinde über ihre Einschätzung der gelandeten Treffer von Kanzler und Kandidat, von öffentlich-rechtlichen Sendern gegenüber der privaten Konkurrenz. Überhaupt schien den Chattern die Form wichtiger als der Inhalt. Angefangen bei der Kleidungsfrage („Sind das nicht die Krawatten von Energie Cottbus“) über die Frisuren („Stoiba war beim Friseur … schnittig“) bis zur Ausstrahlung („Jetzt wird Stoiber nervös“ … „in der Stotter-Falle“… „Jaaa-Krach-endlich“) – keine Äußerlichkeit blieb den aufmerksamen Chattern verborgen.

An der Diskussion von „Spiegel online“ hätte der Kandidat kaum seine Freude gehabt: „Stoiber kann man nach dem Wetter fragen, und er antwortet mit der Arbeitslosigkeit“, fasste „Nikkei1“ zusammen. Darauf „forstverwaltung1“: „Können die nicht mal übers Hochwasser diskutieren“. Ein Wunsch, der am Ende in Erfüllung ging. Schröders Erinnerungen an die Solidarität während des Hochwassers war zugleich das unausgesprochene Schlusswort des Internet-Chats: „Flut tut gut.“ Kurt Sagatz

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