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Tot oder nur leblos? Stefanie (Gloria Endres de Oliveira) im Glassarg. Foto: ZDF

© Andrea Enderlein

So schön, so tot: Im Taunus steht ein Glassarg

„Schneewittchen muss sterben“: Das ZDF startet eine Reihe mit Verfilmungen der Nele-Neuhaus-Krimis.

Manches Bild dieses Films hat etwas Mythisches. Gleich zu Beginn gleitet die Kamera über einen Glassarg in einer düsteren Gruft, rundherum brennende Kerzen, im Sarg eine junge Frau mit pechschwarzem Haar, blutroten Lippen, in ein blütenweißes Kleid gehüllt. „Schneewittchen“ wurde die junge Frau von allen in Altenhain nur gerufen, ihr wahrer Name war Stefanie. Als sie starb, da war sie 19. Sieben Jahre ist das her. Sie starb an dem Abend, an dem sie auf der Freilichtbühne das Schneewittchen spielte. Nach der Aufführung buhlten einmal mehr die Männer um die unantastbare Dorfschönheit.

„Alle sollen sich die Zähne an ihr ausgebissen haben“, heißt es einmal in „Schneewittchen muss sterben“, dem hessischen Heimatkrimi, der im Taunus spielt. Im Taunus, der einem Grimm’schen Märchenwald ähnelt, hat die Bestsellerautorin Nele Neuhaus ihre millionenfach verkauften Krimis angesiedelt. Bad Soden liegt hier, das sehr wohlhabende Königstein und eben Hofheim.

Von deren Kripo ermitteln Kommissar Oliver von Bodenstein (Tim Bergmann) und seine Kollegin Pia Kirchhoff (Felicitas Woll) in ihrem ersten gemeinsamen Fall. Denn nun, sieben Jahre nach Schneewittchens Tod, kommt Tobias Sartorius (Vladimir Burlakov) nach Altenhain zurück, soeben aus der Haft entlassen. Tobias wurde als der Mörder Stefanies verurteilt. Mit dem Erscheinen von Tobias gerät die mühsam wiederhergestellte Ruhe und Stabilität in Altenhain aus den Fugen, alte Wunden platzen auf, überall grassiert das Misstrauen. Noch am Abend von Tobias’ Rückkehr stirbt wieder ein Mensch, es ist Gregor Lauterbach, der Lehrer vom Schneewittchen Stefanie. Noch ein Buhlender.

Und ein neues Schneewittchen wandelt durch Altenhain und seine Wälder, es ist die 17-jährige ätherisch-aparte Amelie (Sarah Horváth), mit langem, pechschwarzem Haar, die in der Dorfschänke das Bier zapft, von den Männern angesehen wird und sich irgendwann ein langes, blütenweißes Kleid anzieht und damit durch den Ort geht, mit blutrot geschminkten Lippen, blassem Gesicht. Sie ist wie eine inkarnierte Erscheinung. Und der Schrecken sitzt tief, als sie gesehen wird.

Allmählich werden die Figuren in „Schneewittchen muss sterben“ eingeführt und biografisch entwickelt (Drehbuch: Henriette Piper); die Inszenierung zeigt gutes Gespür (Regie: Manfred Stelzer), visuelle Gestaltung (Kamera: Johann Feindt) und musikalischer Sound (Biber Gullatz, Moritz Freise) verstärken das Atmosphärische. Auch die Milieubeschreibung ist stimmig. Das neue Kommissarsduo ist eigenwillig, jedoch nicht durch stylish aufgesetzte PseudoHippness, wie dies im „Tatort“ der ARD zunehmend en vogue ist, sondern durch kleine unorthodoxe, umso sympathischere Gesten, Blicke, Schritte. Das biografische Unterfutter beider Protagonisten – des verheirateten Vaters von Bodenstein und der geschiedenen, traumatisierten Singlefrau Kirchhoff – macht sie zu greifbaren Menschen mit nachvollziehbaren, glaubwürdigen Handlungen. Und da ist der heimliche Hauptdarsteller dieses gelungenen Neuhaus-TV-Einstands, der südhessische Wald, der Taunus – dieses mythische Märchenwunderland.

„Schneewittchen muss sterben“, ZDF, 20 Uhr 15

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