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Medien: Sparen als Konzept

Verlage in der Anzeigenkrise wollen online Geld verdienen

So viel Einigkeit war selten unter deutschen Zeitungsverlegern. Beim Print-Gipfel auf den Medientagen in München gaben sie am Donnerstag angesichts der Branchenkrise alle dieselbe Marschrichtung vor: Sparen, Sparen, Sparen. Die Spitzenmanager der deutschen Verlage waren sich einig darin, dass sie ihre Kosten drastisch reduzieren müssen, um die massiven Einbrüche im Anzeigengeschäft aufzufangen. „Wir müssen uns in Zukunft auf ein ganz neues Umsatz- und Kostenmodell einstellen“, sagte Michael Grabner, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Holtzbrinck. Der Sprecher der Verlagsgruppe Rhein-Main, Karlheinz Röthemeier, sieht dabei das größte Problem im schwindenden Stellenmarkt: „In Zeiten, in denen es keine Jobs gibt, können wir Stellenanzeigen nicht einfach durch Akquisition zurückholen.“

Die deutschen Tageszeitungen sind in diesem Jahr von allen Medien am stärksten von der Flaute betroffen. Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Marktforschungsunternehmens Prognos wird der Werbemarkt bei Tageszeitungen in diesem Jahr um 10,7 Prozent auf fünf Milliarden Euro einbrechen. Prognos zufolge können die Tageszeitungen 2003 mit einem niedrigen Wachstum von 2,1 Prozent rechnen. Bis der Werbemarkt wieder das Niveau des Boom-Jahres 2000 erreicht, wird es nach Einschätzung der Experten noch Jahre dauern.

Bis dahin üben sich die Manager in Sparkonzepten. Zum Beispiel, indem sie - wie der Springer Verlag - die eigenen Zeitungen zusammenlegen. Durch die Fusion von „Berliner Morgenpost“ und „Welt“ habe der Verlag seine Kosten dramatisch gesenkt, ein leserspezifischeres Angebot geschaffen und mehr Kombinations-Möglichkeiten für Anzeigenkunden geschaffen, sagte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner. Holtzbrinck-Manager Michael Grabner hingegen sieht im Zusammenlegen von Redaktionen kein Vorbild.

Dirk Refäuter, Sprecher der Geschäftsführung des Süddeutschen Verlags, plädierte dafür, dass Verlagshäuser Strukturen in den Bereichen zusammenführen sollen, in denen sie nicht konkurrieren, so im Vertrieb, in der Administration und im Anzeigengeschäft. „Wir dürfen beim Sparen aber nicht unsere mittel- und langfristigen Ziele aus den Augen verlieren“, sagte Refäuter. Dazu gehöre vor allem der Ausbau der nationalen Reichweite der „SZ“. Zu den Gerüchten über eine Insolvenz des Süddeutschen Verlages wollte sich Refäuter nicht äußern, er bestätigte aber, dass sich der Verlag von seinem Regionalzeitungsgeschäft und kleineren Fachverlagen trennen wolle.

Einig waren sich die Verleger darin, dass die Grenzen zwischen Verlag und Redaktion ein Stück weiter aufgeweicht werden können. „In der Praxis ist das schon bei allen Zeitungen so. Die strikte Trennung ist ein Relikt der achtziger Jahre und nicht mehr zeitgemäß“, sagte Grabner. Döpfner schränkte ein, die Unabhängigkeit von Redaktion und Anzeigengeschäft müsse gewahrt bleiben.

Sparen ist ein Ziel der Print-Manager, weitere Einnahmen sind ein anderes, zum Beispiel durch kostenpflichtige Online-Ausgaben. „Wir sollten uns das endlich trauen“, forderte Döpfner. Nach jahrelangen Gratis-Angeboten im Internet sei die Zeit dafür überreif. „Das Internet ist ein Schnorrermedium. Wir sollten unsere Inhalte nicht verschenken“, meinte auch „Focus“-Chefredakteur Helmut Markwort.

Nicole Adolph

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