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Medien: Stasi-freie Zone

Deutschlandradio als Vorbild für Rundfunk Berlin-Brandenburg?

Auf Stasi-Mitarbeit überprüfen oder nicht? Für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) will dessen Rundfunkrat diese Frage am Montag entscheiden. Es gibt einen vergleichbaren Fall – das Deutschlandradio (DLR). So wie der RBB durch die Fusion von Sender Freies Berlin (SFB) und Ostdeutschem Rundfunk Brandenburg (ORB) entstanden ist, so wurden beim Deutschlandradio DS Kultur, Rias Berlin und Deutschlandfunk zu einem Sender mit zwei Programmen aus Berlin und Köln verschmolzen. Nach Angaben von DLR-Intendant Ernst Elitz sind beim Deutschlandradio „alle Mitarbeiter mit Planstelle auf Stasi-Mitarbeit überprüft worden“. Dies sollte im Sinne der Gleichbehandlung auch beim RBB (ORB = überprüft, SFB = nicht überprüft) geschehen und könnte, so eine Vorstellung von Ernst Elitz, „auch im Printbereich das Personal mit publizistischer Verantwortung erfassen“.

Beim Deutschlandradio Berlin wurde das Personal, das von DS Kultur kam, durch eine Kommission, geleitet vom ehemaligen SFB- Chef Lothar Loewe und vom früheren ZDF- Chefredakteur Reinhard Appel, „gegauckt“. Mit Gründung des Senders 1994 und noch danach wurde diese Praxis fortgesetzt, zudem wurde das übernommene Personal von Rias Berlin und dem Deutschlandfunk in Köln mit einbezogen. Laut Elitz wurden bei DS Kultur drei Stasi-Fälle bekannt, beim Rias Berlin kein einziger, beim Deutschlandfunk zwei: Ein Betriebsratsvorsitzender und ein Korrespondent in Brüssel hatten sich mit der HVA, der Hauptverwaltung Aufklärung im Ministerium für Staatssicherheit, gemein gemacht.

Jetzt liegen die „Rosenholz-Dateien“, mit denen die West-Mitarbeiter der Stasi sichtbar werden sollen, auf dem Tisch. Ernst Elitz steht vor der Frage, ob damit eine erneute Überprüfung des DLR-Personals anhängig wäre. Er wartet ab, „wie sich die anderen ARD-Anstalten verhalten werden“. Für „zwingend notwendig“ hält er einen solchen Schritt nicht. Elitz verweist zunächst darauf, dass mit „Gründung von Deutschlandradio die über 55-jährigen Mitarbeiter in den Vorruhestand geschickt wurden“. Damit sei der Kreis potenzieller Stasi-Fälle erheblich reduziert. Zudem werden die Ergebnisse des Gutachtens erwartet, das zum Themenkreis ARD/Stasi vom Forschungsverbund SED- Staat an der Freien Universität Berlin erstellt wird.

Ernst Elitz zeigt sich selbst überrascht, dass „nicht ein einziger Mitarbeiter des Rias Berlin von der Stasi angeworben wurde“. Spätestens mit dem Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 war der „Rundfunk im amerikanischen Sektor“ ein besonderer Feind des SED-Staates und damit ein besonderes Objekt der Stasi-Begierde. Der frühere Rias-Redakteur Elitz erklärt sich die „Stasi-freie Zone“ in Westberlin eben mit dem Status des Senders. „Ich bin, wie alle anderen Mitarbeiter des Rias, vom Geheimdienst CIC der US-Army in Dahlem abgeklopft worden.“ Ob im Umkehrschluss Rias-Leute für westliche Geheimdienste gearbeitet haben, diese Spekulation versagt sich Ernst Elitz.

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