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Medien: Thomas Osterkorn im Gespräch: "Kampagne des Springer-Verlags"

Thomas Osterkorn, 47, ist neben Andreas Petzold Chefredakteur des "Stern". Das Hamburger Magazin aus dem Verlag Gruner + Jahr geriet in die Schlagzeilen, als der Berliner Historiker Hubertus Knabe in seinem Buch "Der diskrete Charme der DDR" frühere Kontakte des "Stern" zur DDR-Staatssicherheit darstellte.

Thomas Osterkorn, 47, ist neben Andreas Petzold Chefredakteur des "Stern". Das Hamburger Magazin aus dem Verlag Gruner + Jahr geriet in die Schlagzeilen, als der Berliner Historiker Hubertus Knabe in seinem Buch "Der diskrete Charme der DDR" frühere Kontakte des "Stern" zur DDR-Staatssicherheit darstellte.

Herr Osterkorn, der Historiker Hubertus Knabe wirft dem "Stern" vor, besonders enge Verbindungen in die DDR gehabt zu haben. Häufig seien auch von der Stasi lancierte Artikel im "Stern" erschienen. Muss Ihr Magazin jetzt seine Geschichte neu aufarbeiten?

Wie kommen Sie denn darauf? Wir haben keinerlei von der Stasi verfälschtes Material gedruckt. Natürlich wurden uns auch Informationen aus der DDR zugespielt. Die haben wir aber erst öffentlich gemacht, nachdem wir sicher waren, dass sie zutreffend sind. Das umstrittene Abhörprotokoll eines Telefonats zwischen Helmut Kohl und Kurt Biedenkopf haben wir vor Veröffentlichung von Biedenkopf selbst auf seine Authentizität prüfen lassen. Genauso sorgfältig haben wir belastende Materialien über Bundespräsident Heinrich Lübke behandelt. Henri Nannen hat immer gesagt: Wir recherchieren notfalls in der Hölle. Hauptsache, es stimmt.

Sie sind gegen belastende Aussagen vor Gericht gezogen. Haben Sie Angst um das Image des "Stern"?

Nein. Wir haben uns nur gegen Formulierungen gewehrt, die falsch sind. Mir ist klar, dass wir Herrn Knabe und seinem Buch mit dem Prozess zusätzliche Publizität verschafft haben. Wir wollten keine kritischen Veröffentlichungen über unsere Vergangenheit verhindern, sondern lediglich falsche, rufschädigende Äußerungen.

Werden Sie weiter gegen das Buch von Hubertus Knabe vorgehen?

Wir lesen uns das jetzt mal bis zu Ende durch, und dann sehen wir weiter. Wissen Sie, das Werk wird sich von selbst entlarven. Der Autor verdreht Fakten, bauscht Banalitäten zu Sensationen auf und stellt Vorgänge in falschem Zusammenhang dar. Das ist schlampige Arbeit, mit Wissenschaft hat das nichts mehr zu tun.

Das Buch hat immerhin eine breite Debatte über das Verhältnis der Presse zur Stasi ausgelöst.

Ja, insbesondere in den Blättern des Springer-Verlags. Sehen Sie sich doch mal an, wie sich "Bild", "Welt" und "Welt am Sonntag" ins Zeug gelegt haben - für ein Buch, das im Springer-eigenen Propyläen-Verlag erscheint. Mir bleibt leider nichts mehr anderes übrig, als darin eine gezielte und straff organisierte Kampagne zu erkennen.

Wie bitte?

Der jungen Riege bei Springer geht es offenbar darum, in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Friede Springer und Leo Kirch die Vergangenheit neu zu bewerten. Die Studentenbewegung und die sozialliberale Ostpolitik werden in den Schmutz gezogen. Gleichzeitig erleben wir den Versuch, die Rolle Axel Cäsar Springers reinzuwaschen. Schon im Zuge der Debatte um die 68er gab es unzählige Entgleisungen der Springer-Blätter. Ich erinnere nur an das verfälschte Trittin-Foto oder die Kampagne gegen Außenminister Joschka Fischer. Da passt ein Buch über die bösen linken Medien natürlich gut ins Konzept. Man bekommt mehr und mehr den Eindruck, dass einer der Brandstifter plötzlich "Feuer, Feuer!" ruft.

Die "Woche", deren Herausgeber Manfred Bissinger ebenfalls gegen das Buch vorgegangen ist, hat in der letzten Ausgabe der Wochenzeitung auf mehreren Seiten "Springers neue Macht" geißeln lassen. Haben Sie so etwas auch vor?

Wir werden uns in Zukunft intensiver um die Vorgänge im Hause Springer kümmern. Unser Verdacht ist, dass dort einige Personen ein politisches und wirtschaftliches Interesse daran haben, gegen den "Stern" zu polemisieren. Anders ist das alles nicht mehr zu verstehen.

Leben jetzt die alten Kämpfe zwischen linker und konservativer Presse erneut auf, vergleichbar mit dem Streit um die 68er?

Die Zeit der politischen Schlachten ist wohl eher vorbei. Allerdings sieht es so aus, als wolle sich die rechte Seite neu aufstellen. Wir lassen uns jedenfalls nicht einfach anpinkeln, ohne uns zu wehren.

Ist der "Stern" denn überhaupt noch eine linke Publikation?

Ich glaube, eine derart einseitige Positionierung entspricht nicht mehr dem diffenzierten Weltbild unserer Leser. Im Zweifel ist der "Stern" aber eher links-liberal.

Herr Osterkorn[der Historiker Hubertus Knabe wirf]

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