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TV-Serie: Katholisch, praktisch, gut

Pater Simon Castell vom ZDF ist noch patenter als Pfarrer Guido Braun von der ARD.

Aus Bayern kommen einfach die patentesten Katholiken. Das weiß man im Vatikan spätestens seit Joseph Ratzinger, aber erst recht im Fernsehen, wo der Chesterton-Klassiker „Pater Brown“ vor fünf Jahren mit Ottfried Fischer in der Hauptrolle wiederbelebt wurde. Das ZDF-Pendant zum ARD-„Pater Braun“ heißt ab heute Pater Castell. Der stammt zwar auch aus Bayern, muss sich aber nicht ständig mit seinem Bischof herumärgern, sondern hat im Gegenteil als Sonderbeauftragter des Vatikans Rückendeckung von ganz oben. Und auch figürlich ist der Unterschied unübersehbar: Serienschönling Francis Fulton-Smith („Familie Dr. Kleist“) stürmt als Simon Castell gleich zu Beginn der ersten Episode die Treppenstufen im Vatikan derart dynamisch hoch, als wollte er seinen ARD-Kollegen gleich mal locker abhängen. Später dann schwingt er gekonnt die Spitzhacke, und während er noch seiner staunenden Begleitung erklärt, er sei in seiner Jugend auf dem Bau tätig gewesen, tut sich schon der Boden auf.

Ein Wunder? Nein, die bleiben in der vierteiligen Reihe „Ihr Auftrag, Pater Castell“ aus. Das Autorenteam um Lorenz Stassen („GSG 9“, „Soko Rhein-Main“) suchte vielmehr nach religiösen Themen, die sich in konventionellen Serienkrimis verarbeiten lassen. So erfährt man in der ersten Folge „Das Labyrinth“, dass künstlich angelegte unterirdische Tunnelsysteme „Erdställe“ genannt werden. Ob sie religiös-rituellen Zwecken dienten, wie es angedeutet wird, ist umstritten. Nicht umstritten ist der erste Fall: Prälat Friedhelm Treber bricht tot auf der Landstraße zusammen. Vor wem ist er geflohen, war er entführt worden?

Ein Wunder von einem Mannsbild ist dieser Pater Castell, ein wahrer Alleskönner, ach was, geradezu ein James Bond des Vatikan: Ausgebildet bei der Schweizergarde, kann er Schlösser knacken und zur Not auch handgreiflich werden. Davon bemerkt man allerdings nicht viel, das passt nicht zum Serien-Donnerstag aus Mainz. Dafür ist Simon Castell klug, gebildet, warmherzig, humorvoll und charmant – wie Katholiken eben so sind. Die Frau an seiner Fernsehseite ist allerdings keine Haushälterin, sondern die alleinerziehende, atheistische, attraktive LKA-Kommissarin Marie Blank (Christine Döring). Bei der ersten Begegnung gerät man noch aneinander, doch schon bald fliegt Pater Castell die Münchner Polizistin in einem Vatikan-Jet nach Rom – eigenhändig natürlich. Und mit Blanks zehnjähriger Tochter Lisa versteht sich der Pater ebenfalls prächtig. Mei, was wäre das für ein Stiefvater!

Aber beim ZDF respektiert man selbstverständlich das Zölibat. Vier Folgen lang werden harmlose Funken geschlagen aus diesem geistlich-weltlichen Flirt. Sie frotzelt gerne mal über „seinen Verein“, er fordert von ihr augenzwinkernd als Gegenleistung für seine Hilfe den Wiedereintritt in „seinen Verein“, enthält sich aber in Wahrheit jeder Missionierung. Das ist Glaubensversöhnung auf Mainzer Art, bekömmlich, weichgespült und nicht nur als Krimi ein bisschen fad. Am Ende winken beide brav und wünschen sich „Auf Wiedersehen“. Ach nein, das muss nicht sein.

„Ihr Auftrag, Pater Castell“, 20 Uhr 15, ZDF

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