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Viva-Doku: Cool sein ist nicht alles

Mit der Dokuserie "180°" wagt der Unterhaltungssender ein Experiment. In jeder Folge beschreibt ein Jugendlicher eine Kehrtwende in seinem Leben. Den Anfang macht ein junger Mann aus Kreuzberg.

Auf ein junges Publikum abzielende Unterhaltungsformate haben meistens einen heiteren, sorglosen Charakter. Der Musik- und Entertainment-Sender Viva machte da bisher keine Ausnahme. Wenn Doku-Format, dann mit Spaßgarantie. Die Widrigkeiten des Alltags etwa, mit denen sich die Protagonisten der Viva-Eigenproduktion „Party, Bruder!“ herumschlagen, sehen so aus: schmerzhafte Rückenhaarentfernung, stalkende Mädchen, die Suche nach Party-Locations.

Doch nun bewegt sich der Sender mit einer neuen Dokuserie aus diesen Fahrwassern heraus: „180“ ist ein Experiment. Es wird ernsthafter im Programm. In jeder Folge erzählt ein Jugendlicher von der Kehrtwende in seinem Leben. Sucht, Kriminalität, Essstörungen, Verzweiflung über die „falsche“ sexuelle Identität – allen Protagonisten gemein ist die Erfahrung, in ihrem Leben schon ganz unten angekommen zu sein. Und alle haben das Ruder herumgerissen. Sie erzählen ihre Geschichte ungeschönt, selbstkritisch und damit – eben weil dies auch immer der Bericht des eigenen Scheiterns ist – bewundernswert mutig.

In der ersten Folge steht Danny vor der Kamera, der sich nach dem Drogentod mehrerer Bekannter zu einer Entziehungskur entschloss. Caglar aus Berlin-Kreuzberg, Protagonist einer der folgenden Episoden, schildert, wie er auf die schiefe Bahn geriet. Erst als er wegen schwerer Körperverletzung in der Jugendstrafanstalt landet, kommt es zum Sinneswandel. Heute macht er Jugendarbeit und sagt: „Cool sein ist nicht alles.“

Dem Zuschauer, da bleibt der Sender seiner popkulturellen Ausrichtung schon treu, wird das alles in einer schnell geschnittenen, von basslastiger Musik unterlegten Clip-Ästhetik präsentiert, die die Protagonisten bei aller Tragik eben doch auch zu coolen Helden stilisiert. Wie nachhaltig deren Wandlung ist, können auch die Macher dieses neuen Formats nicht sagen. Die weitere Entwicklung verfolgen sie nicht, so wichtig das auch wäre.Nicole Sagener

„180°“, Viva, 20 Uhr 10

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