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Werbung: Pariser Revolution

Keine Werbung mehr bei Öffentlich-Rechtlichen? ARD und ZDF reagieren auf Sarkozys Vorhaben.

Die Ankündigung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, die Werbung in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Frankreich abzuschaffen, sorgt in deutschen Medien für Aufregung. ARD und ZDF haben sich gegen einen Verzicht auf Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland ausgesprochen. Die Wirtschaft sehe die Werbeplätze in den Programmen von ARD und ZDF als unverzichtbar an, sagte der ARD-Vorsitzende Fritz Raff. Sarkozy kopple die Streichung der Werbeeinnahmen in Frankreich offensichtlich an eine Steuererhöhung oder an neue Steuern etwa auf Internetverbindungen. Dadurch müsse in Frankreich der Verbraucher fehlende Werbeeinnahmen kompensieren: „Eine eigene Steuer oder die Erhöhung einer bestehenden Steuer zur Kompensation von Werbeeinnahmen halte ich in Deutschland für undenkbar.“

Nach Berechnungen der Gebührenkommission KEF würde ein Verzicht auf Werbung zu einer Mehrbelastung der Gebührenzahler in Höhe von 1,42 Euro pro Monat führen, so ZDF-Sprecher Alexander Stock. Für einen deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ohne Werbung hatten sich bereits der Vorsitzende der SPD-Medienkommission, Marc Jan Eumann, und der Vorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, ausgesprochen. Am Freitag sagte der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Waitz, ein Werbeverzicht stärke die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die jährlichen Werbeeinnahmen betrugen bei der ARD zuletzt 365 Millionen Euro, beim ZDF 120 Millionen Euro.

Sarkozy, Urheber dieser Diskussion, hatte am Dienstag eine umfassende Medienreform in Frankreich angekündigt – Qualitativ hochstehende Programme ohne Unterbrechung durch Spots. Sarkozy hat beschlossen, wie öffentliche Sender ohne Reklameeinnahmen überleben können. Sie sollen neben den Gebühren direkt von Staat finanziert werden. Das dazu erforderliche Geld soll aus einer zusätzlichen Besteuerung der Werbeeinnahmen der Privatsender sowie einer Abgabe auf die Umsätze der Mobilfunk- und Internetanbieter stammen. Sarkozy bezeichnete das als Auftakt einer „kulturellen Revolution“. Die Pariser Börse reagierte. Die Aktienkurse der großen Privatsender TF1 und M6 schnellten in die Höhe, die Analyseexperten hatten verstanden, wer aus Sarkozys „Revolution“ Profit ziehen dürfte: allen voran die Mediengruppe TF1, die heute schon mehr als 50 Prozent der Fernsehwerbung einheimst. Dieses Medienunternehmen, zu dem neben TF1 auch der Informationskanal LCI gehört, wird von Martin Bouygues kontrolliert, einem engen Freund Sarkozys und Taufpate von dessen Sohn Louis. Der Präsident hat auch internationale Ambitionen bei seiner Umgestaltung der Medienlandschaft. Er will die weltweit tätigen Sender France-24, Radio France International und das frankofone Gemeinschaftswerk TV5 unter dem Dach einer Holding „France Monde“ unterbringen. Rudolf Balmer, Paris/M. Ehrenberg

Rudolf Balmer[Paris, M. Ehrenberg]

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