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Google will als Alphabet für die Menschen das Leben von A bis Z gestalten.

© Reuters

Zu PAPIER gebracht: Mehr Angst vor mir selbst als vor Googles Alphabet

Von A wie Arbeit bis Z wie Zeitung: Joachim Huber wird mit Alphabet sein Leben neu buchstabieren.

Google denkt groß, und weil Google groß denkt, heißt die Dachgesellschaft des Internetkonzerns künftig Alphabet. Alphabet wird keine technologische, keine netzbasierte Daseins- und Lebensfrage von A bis Z auslassen wollen. Alphabet wird zum Alphabet des digital durchbuchstabierten Lebens. Das klingt wie eine Drohung, das klingt wie eine Verheißung. Google/Alphabet ist da nicht alleine unterwegs, auch andere Internetunternehmen werden sich anstrengen, um ihre Nutzer zu ihren Kunden und ihre Kunden zu ihren Abhängigen zu machen. Sie werden Biografien verändern, umschreiben. Android-Betriebssystem, Thermostate, Kontaktlinsen, selbst fahrende Autos, alles bis nichts wird mit Google/Alphabet zu tun haben.

Der Treibstoff der Megaplayer ist ihre Struktur als Aktiengesellschaften. Sie kennen nur eine Richtung: mehr Umsatz, mehr Gewinn. Das geht so weit in Ordnung, denn aus dem Gewinnstreben erwachsen mehr neue Ideen, mehr Forschung und mehr Entwicklung. Manche Idee wird genial sein, andere werden viel Geld kosten. Nun kennt die Börse vieles, aber eines kennt sie nicht: Moral.

Keine Angst vor Google - nur vor mir selbst

Ich habe trotzdem noch immer keine Angst vor Google, und ich werde mich auch vor Alphabet nicht fürchten. Ich werde mich, sehr altmodisch und analog, wie immer vor mir selbst am meisten fürchten. Vor meiner Trägheit, meinen Traditionen, meinem Desinteresse, davor, dass ich mir keine Gedanken, keinen Plan mache, sondern bei Alphabet nachfragen werde, was mir Alphabet zwischen A bis Z anbieten kann. Alphabet, mein Wohlfahrtsstaat.

Im Grunde ist die Frage ja überhaupt nicht neu: Was will ich selber sein, was lasse ich mit mir geschehen? Es gibt darauf Antworten. Antworten, die es bei Alphabet nicht gibt. Alphabet ist ein anderer, ich bin ich. Es kommt auf mich an. Vielleicht bringt mir Alphabet die 26 Buchstaben neu bei. Buchstabieren muss ich selbst, und wenn Buchstaben Worte und Worte Sinn ergeben, dann werden meine Entscheidungen, meine Verhaltensweisen, meine Lebensformen mir entsprechen.

Joachim Huber

© Kitty Kleist-Heinrich

Es liegt bei mir, es liegt an mir, ob Alphabet meine Lebensführung übernehmen wird. Alphabet – welch optimistischer, menschenfreundlicher, total korrekter Name! – ist eine positive Herausforderung, die eigene Existenz von A bis Z zu durchforschen. Vielleicht, wahrscheinlich mühsam. Und das in meinem Alter.

Wird sehr darauf ankommen, was ich zulassen werde, ob ich weiterlesen und -schreiben will oder ausgelesen und zugeschrieben werden will. Alphabets Alphabetisierungskampagne wird mich erreichen. Hier eine Glücksformel, da eine Information, dort eine Handreichung. My life, formerly known as mein Leben?

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